Ancestors - Suspended in reflections
Pelagic / CargoVÖ: 24.08.2018
Weniger ist mehr
Sechs Jahre und zwei Mitglieder hat es die kalifornischen Progressive-Metaller Ancestors gekostet ihr fünftes Album "Suspended in reflections" fertigzustellen. Die Verkleinerung auf drei Mitstreiter tut der schieren Größe der Musik, welche noch immer gewaltig, ausufernd und tonnenschwer daherkommt, glücklicherweise keinen Abbruch. Womöglich ist sie sogar ein Glücksfall. "Die wichtigste Veränderung war das Entfernen unserer Egos aus dem Songwriting- und Aufnahmeprozess. Wir versuchten, von unseren jeweiligen Instrumenten wegzukommen, um das bestmögliche Album zu schreiben", kommentiert Sänger und Gitarrist Justin Maranga den Entstehungsprozess von "Suspended in reflections". Schön, dass es sich nicht um leere Promophrasen handelt, denn was Maranga beschreibt, ist jeder Sekunde des Albums anzuhören. Auf ihrem neuen Longplayer ist es dem Trio tatsächlich gelungen, Egos im Zaum zu halten und Musik aus einem Guss zu kreieren. Nichts auf "Suspended in reflections" drängt in den Vordergrund, nie kämpfen Elemente der Musik gegeneinander um die Aufmerksamkeit des Hörers, stattdessen greift alles perfekt ineinander und die Kompositionen wirken durch jedwedes Fehlen von Lücken oder Nahtstellen geradezu gigantisch, wenn nicht gar episch.
Mit brachialer Schwere und doch schwebend eröffnet "Gone" die Platte. Der langsam stampfende Beat bildet den Kontrapunkt zu einer dichten Gitarrenwand und raumfüllenden Orgelflächen. Zusammen mit dem mehrstimmigen Gesang schraubt sich der Song in luftige Höhen, verweilt kurz auf seinem Höhepunkt und lässt sich dann in einen psychedelisch anmutenden, von Orgelklängen dominierten Zwischenteil fallen. In seiner Funktion als Intro steckt "Gone" das Feld ab, das im folgenden "Through the windows" beackert wird. Hier werden Melodien erneut aufgegriffen und konkreter verarbeitet. Auch lässt sich "Through the window" zu dem epischen Ausbruch verleiten, der sich schon seit den ersten Sekunden des Albums andeutete. Nach dem famosen entladen der Spannung übernimmt auch in diesem Song schlussendlich die Orgel die Hauptrolle. Bei dieser handelt es sich um eine Aeolian-Skinner Kirchenorgel, die mit ihren 1.941 Pfeifen einen derart voluminösen und durchdringenden Klang erzeugt, dass sie Gitarre, Bass und Schlagzeug in nichts nachsteht. Zudem wird sie auch nicht nur stellenweise als Melodieinstrument eingesetzt, sondern begleitet jeden Song auf "Suspended in reflections" mit ihrem einzigartigen Klang.
Jeder Track bereitet auf den folgenden vor und bezieht sich gleichzeitig auf den vorausgegangenen. Man kann beinahe davon sprechen, dass alle Songs ein großes Stück bilden. So wandern Motive durch das ganze Album, tauchen hier und dort noch einmal auf, werden zu etwas größerem verarbeitet oder gehen im Soundozean unter. Alles hat seinen Platz und seine Zeit. Diese groß angelegte Art der Komposition macht den Reiz der Platte aus und sorgt auch dafür, dass "Suspended in reflections" ununterbrochen spannend bleibt. Im großartigen "Into the fall" legt das Trio den Fokus mehr auf Post-Rock als zuvor und schafft mit Streichern eine verträumte und gleichzeitig fragile Stimmung. Das Interlude "Release" wartet mit jazzigen Basslines auf, bevor das abschließende "The warm glow" die Stimmung mit seiner dramatisch klingenden Harmonie noch einmal verdichtet. Der Track wächst zu einem Sturm heran, entlädt noch einmal die angesammelte Spannung und mündet in ein versöhnliches, sphärisches Outro, welches geschickt das Intro des Albums wieder aufgreift. Der Kreis schließt sich. Man darf sich durchaus beeindruckt zeigen von der Ambition der Band, ein Album wie einen Song zu schreiben. Noch beeindruckender ist nur, dass es ihnen gelungen ist.
(Christopher Padraig ó Murchadha)
Highlights & Tracklist
Highlights
- Through a window
- Into the fall
Tracklist
- Gone
- Through a window
- Lying in the grass
- Into the fall
- Release
- The warm glow
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Marküs
2018-08-25 10:08:01
Wird verhaftet! Der als Video vorab veröffentliche Song kann ALLES. Sehr geil
Armin
2018-08-21 21:18:20- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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