Jody Seabody & The Whirls - Hawksamillion

Artificial Head
VÖ: 24.08.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Warst Du nicht fett und rosig?

Bei der Beratungsstelle für besorgte Musikereltern tauchte irgenwann im Jahre 2015 ein schrulliges Alt-68er-Pärchen aus Houston, Texas auf und ließ sich kaum beruhigen. Mit ihren vier Sprösslingen stimme etwas nicht, man sei immer gut miteinander ausgekommen, die gemeinsamen Lagerfeuerabende, die Wochenendtrips ins "Hotel California", alles, wie es sein soll. Doch jetzt? Nur noch knappe Antworten am Telefon, regelrecht aggressiv sind sie geworden, die Jungs. Dann holte die Mutter eine CD aus ihrer Wolltasche und sagte nur: "Aber hören Sie selbst ..."

Also hörte man: wie die Band Jody Seabody And The Whirls auf ihrem zweiten Album "Holographic slammer" in einem Anfall musikalischer Schizophrenie urplötzlich von recht unbedenklichem Hippie-Prog zu beängstigend giftigem Garagen-Punk mit Hardcore-Einschlag überwechselt. In der Tat, beunruhigend, aber wie das so ist, die Eltern werden erst mal besänftigt, das gibt sich, ist nur eine Phase und überhaupt, die Jungs wollen sich ausprobieren, auf Wiedersehen! Damit könnte man die Sache auf sich beruhen lassen, hätte die Praktikantin der Beratungsstelle heute, drei Jahre später, nicht eine weitere CD aus dem Briefkasten gefischt: Jody Seabody And The Whirls – "Hawksamillion", darauf klebend ein Post-It mit der knappen Notiz: "Nur eine Phase, von wegen!!!"

Denn Clint, Dylan, Dave und Bryce (von einem realen Jody Seabody keine Spur, und Geschwister sind sie ehrlich gesagt auch nicht) haben sich in ihren Zorn fest verbissen, statt jedoch ungeordnet um sich zu schlagen, kanalisieren sie auf "Hawksamillion" ihr aufbrausendes Gemüt in zwingende, teils höchst eingängige Hardcore-Punk-Nummern mit einem Faible für den Thrash früher Metallica. Und ist ja auch klar: Als Gegenpol zu populistischem Gegeifere sind klare Ansagen wieder bitter nötig, und diese Sprache spricht der texanische Vierer mittlerweise äußerst flüssig:"I got the cure for your malignant DNA."

Dementsprechend gibt es gezielt was auf die Ohren, der zweiminütige Hardcore-Schleudergang "Malignant terror" macht klar, warum das Abraxas-Poster an der Wand dem von Minor Thread weichen musste. "Terror TV" verteilt mit Stakkato-Gitarren jede Menge kehliges Quecksilber im Raum und gibt sich mit einem Indie-Disco-Beat zwischenzeitlich noch den Anstrich von abgehalftertem Sex-Appeal. Auch "All gone white" ist so ein agiler Kraftprotz, die rausgebellte Hook erwischt den Hörer unsanft im Solarplexus, setzt in Folge aber genug Energie frei, um die Circle Pit vor der Bühne ordentlich aufzumischen. Dass die auch im großen Stadion stehen könnte, denkt der fast schon epische Refrain von "Nightmares" an und kommt zu dem Schluss: "Jau, das können wir auch,"

Und doch ist die musikalische Vergangenheit des texanischen Quartetts nicht ganz von dieser Platte getilgt. In "Grenade green" starrt eine 70s-Orgel mit blutunterlaufenen Augen ins psychedelische Unterholz, der Opener "Ultra defiant" gönnt sich eine zähfließende Doom-Passage zum Auftakt, und "Making demons" überrascht als elegische Synthie-Meditation. Mit Akustikgitarre hätte die übrigens auch am Lagerfeuer funktioniert. Und so seht Ihr, liebe Eltern: Ganz verloren sind die Kinder nicht.

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Malignant terror
  • Terror tv
  • Making demons

Tracklist

  1. Ultra defiant
  2. Malignant terror
  3. Terror TV
  4. All gone white
  5. Making demons
  6. Grenade green
  7. Nightmares
  8. Violent tantrums
Gesamtspielzeit: 32:09 min

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MasterOfDisaster69

2018-08-20 12:48:53

da kann man nicht Meckern. Geiles Brett!

https://www.youtube.com/watch?v=MxlpEkCE_B8

Armin

2018-08-12 21:43:20- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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