Conner Youngblood - Cheyenne
Counter / Rough TradeVÖ: 17.08.2018
Kalte Brise
August 2018 in Deutschland: Die Republik ächzt unter der Hitze, das Sommerloch in diesem Jahr: ein sommerliches Hoch. Spiegel Online berichtet prominent darüber, welche Eissorte zu welchem Schurkenkonzern gehört und verdirbt einem die innerliche Abkühlung und im türkischen Supermarkt um die Ecke, der immer auf nette minus vier Grad heruntergekühlt ist, gucken sie mittlerweile komisch, wenn der Rezensent schon wieder eine Dreiviertelstunde durch die Regale streift, ohne dann etwas zu kaufen. Das Einzige, was noch hilft: an der Einstellung arbeiten. Und das geht am besten mit Musik. Da kommt Conner Youngblood ins Spiel. Mit seinem Video zu "Birds in Finland" versetzt der Singer-Songwriter aus Nashville den Gucker ins eisige Skandinavien, während seine Sounds zwischen klassischem Folk der Marke Bonnie 'Prince' Billy, dem Naturbezug Nick Drakes und Anleihen an Ambient und Electronica dazu den passenden Soundtrack für den mentalen Cooldown liefern.
"Cheyenne", das Debütalbum des 28-Jährigen, ist ein Spektakel, das nicht laut schreit, sondern aus der Tiefe langsam herannaht und den Hörer hinterrücks gefangennimmt. Das scheppernde Vibrieren im Opener und Titeltrack und Youngbloods gehauchtes "Ooooh-ooohhh" lassen einen nicht mehr so schnell los, der ungemein eingängige Rhythmus von "Los Angeles" genauso wenig. In "Lemonade" ist es der aufziehende Wind im Hintergrund, der einen fesselt. Der zweite Besuch in Skandinavien, "Stockholm", gerät deutlich elektronischer als das eingangs erwähnte "Birds in Finland", die Gitarre hat einen japanischen Touch und passt dennoch bestens in die Szenerie. Ein arschkalter und ebenso warmherziger Track.
Frühlingshafter gestaltet sich "Red. 23", das vielleicht sogar beim Road-Trip zum Baggersee durch die Boxen flattern könnte. Das klanglich tiefste Stück ist "Bear River Migratory Bird Refuge", das abermals einen Ausflug in die Natur macht und von deren Schönheit zu berichten weiß. Hier gibt es kein Luftflimmern durch sengende Hitze, sondern blühende Blumen und zwitschernde Vögel in fühlbar wohliger Kulisse. Zu "Sulphur springs" mit seinem stoischen Downtempo und der verzerrten Stimme scheint das Leben in Zeitlupe vorbeizuziehen: Entschleunigung ist ein weiteres Motiv von Conner Youngblood. Allein im abschließenden "Yellowknife" nimmt der Takt einmal etwas Fahrt auf, und auch das gelingt vorzüglich.
Der Klangteppich, den "Cheyenne" ausbreitet, ist üppig ausstaffiert, dennoch bleibt er wahnsinnig harmonisch. Dem Amerikaner gelingt es, einen Sound zu schaffen, der nicht die Plakativität von Lana Del Reys "Summertime sadness" braucht, um seinen kühlenden Charakter zu versprühen. Nein, wirklich kalt wird niemandem beim Hören von "Cheyenne", vielmehr schafft der Singer-Songwriter es, den schwitzigen Stresslevel zurück ins Normalmaß zu führen. Entspannung pur, möchte man sagen. Und doch wäre man jetzt lieber im kühlen Finnland, ganz oben im Norden dort, in Kevo, hätte es maximal 15 Grad zurzeit.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The birds of Finland
- Bear River Migratory Bird Refuge
- Yellowknife
Tracklist
- Cheyenne
- Los Angeles
- Lemonade
- The birds of Finland
- Stockholm
- Vp (An interlude)
- 12 lbs
- Red.23
- My brother's brother
- Bear River Migratory Bird Refuge
- Sulphur springs
- Pizza body
- Yellowknife
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Blanket_Skies
2018-08-14 16:17:23
Einfach ein super Typ. Die EPs der letzten Jahre sind ebenso großartig. Musik für Sonntage.
Armin
2018-08-05 19:13:58- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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- Conner Youngblood - Cheyenne (2 Beiträge / Letzter am 14.08.2018 - 16:17 Uhr)