Rex Orange County - Apricot princess
Rex Orange County / AWAL / Rough TradeVÖ: 27.07.2018
Ach Du liebe Jugend
Es ist eine mittlerweile nicht mehr allzu seltene Spezies, der Alex O'Connor in seinen jungen Jahren angehört. Aufgewachsen vor der Haustür Londons, schrieb der inzwischen 20-jährige Multiinstrumentalist schon früh erste Songs in seinem Schlafzimmer und veröffentlichte diese 2015 auf der selbstproduzierten LP "bcos u will never b free". Die damals wie heute besonders von Sehnsucht geprägten Stücke weckten unter anderem die Aufmerksamkeit von Genregrößen wie BadBadNotGood oder Tyler, The Creator – es folgten Kollaborationen, bis O'Connor 2017 gar bei der Produktion zweier Tracks auf Tylers "Flower boy" assistierte, wofür er eigens in die USA eingeflogen wurde. Entsprechende Vorschusslorbeeren und gesteigerte Erwartungshaltung gingen nun also "Apricot princess" voraus, gerade nach der gelungenen, aber nicht auf dem Album enthaltenen Single "Loving is easy".
Irgendwo zwischen der lässigen Attitüde eines Mac DeMarco dem eleganten Duktus eines Alex Turner singt sich O'Connor dabei nasal durch zehn allesamt glatt produzierte, allerdings musikalisch enorm abwechslungsreiche Pop-Stücke mit Lo-Fi-Flair und allerhand Jazz-Piano. Denn der Junge kann durchaus vieles: Von schmalzigen Balladen wie "Sycamore girl" über den flotten Jazz des Titelsongs bis hin zum schmissigem Rock von "Rain man" zeigt sich "Apricot princess" vielseitig und unterstreicht das Talent, das ihm unter anderem die genannten Kollegen attestieren. Am deutlichsten hörbar sind auf der anderen Seite die rückwirkenden Einflüsse seiner Kollaborationen auf "Television / So far so good" und "4 seasons", den vielleicht besten Songs. Während ersterer dabei zunächst mit klassischer Instrumentierung lockt und plötzlich in einen Rap-Monolog à la Jamie T ausbricht, nur um allzu schnell wieder abzubremsen, bricht zweiterer das Schema des Albums am ehesten auf und baut nach Piano-Intro ganz auf gradlinige Beats, schräge Orgel und O'Connors genuschelte Selbstreflektionen. Schließlich der Gefühlsausbruch zum Ende – ein perfektes Spektakel.
Dass all das trotz viel Finesse jedoch ein kurzlebiges Feuerwerk bleibt, liegt vor allem auch an der textlichen Seite des Albums, die reichlich jugendliche Naivität offenbart. "If this were a movie you'd be taking our kids to school and I'd be Channing Tatum or somebody sexy" – unverblümte Zeilen wie diese bringen das Problem von "Apricot princess" gut auf den Punkt: Auf ambitionierte Arrangements und eine Fülle an selbstsicheren Ideen trifft ein juveniler Geist, der über die gesamte Spielzeit zu unausgereift bleibt, um die musikalisch vorhandene Seriösität aufrechtzuerhalten. Man mag das kontrastierend oder gewollt komplementär nennen – der Reiz und das Schmunzeln des ersten Hörens verpuffen dadurch allerdings allzu schnell. Dennoch gibt es mehr als genug Anlass, zu hoffen, dass das Talent dieses grundsätzlich erfrischenden jungen Mannes sich mittelfristig ähnlich entwickelt wie die steigende Halbwertszeit seiner Honighymnen. "Want the crowd in tears when they hear this, is that so wrong?" heißt es fast wegweisend in "Television" – bei so viel gutem Willen darf man ruhig hoffnungsvoll sein.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Television / So far so good
- 4 seasons
Tracklist
- Apricot princess
- Television / So far so good
- Nothing (feat. Marco McKinnis)
- Sycamore girl
- Untitled
- 4 seasons
- Waiting room
- Rain man
- Never enough
- Happiness
Im Forum kommentieren
kapomuk
2018-08-24 16:17:30
Der junge Mann kann eigentlich singen – warum tut er es so oft nicht? Dieses absichtlich Hingerotzte nervt mich gewaltig.
Was Multiinstrumentalismus angeht, aber eben auch Gesang, kann er von seinem Kollegen aus derselben Stadt im selben Alter, Jacob Collier, noch ne Menge lernen.
Ansonsten: Absolut zutreffende Rezension.
Armin
2018-07-29 20:31:17- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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