Liars - 1/1

Mute / Juno / Rough Trade
VÖ: 20.07.2018
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Menschen, leer

Die Bandhistorie von Liars ist eine Geschichte der Reduktion. Ursprünglich mal als Quartett gestartet, waren 2014 auf "Mess" nur noch die Gründungsmitglieder Angus Andrew und Aaron Hemphill beteiligt. Auch Letzterer nahm im Anschluss freundschaftlich seinen Hut, weshalb der Nachfolger "TFCF" effektiv ein Soloalbum von Andrew war. Was ist also der konsequente nächste Schritt? Klar – noch weiter reduzieren, auf Null gehen und das Studio per Zufall eine Platte konstruieren lassen. Das ist ein lustiger Gedanke, aber natürlich Quatsch. "1/1", Liars' erste Soundtrack-Arbeit auf Albumlänge, ist allerdings so bar jeder menschlicher Präsenz, dass sich diese Interpretationsidee permanent aufdrängt.

Der gleichnamige Film von Jeremy Phillips, den diese kargen Klanglandschaften untermalen, ist eine Art Coming-of-Age-Story einer jungen Frau. Von koksverrauschten Partyexzessen mit Freunden über den psychotischen Kater bis hin zur ernüchternden Auseinandersetzung mit dem Schicksal ihrer Eltern stimmt die selten lineare Erzählung optische und akustische Klangfarben kunstvoll auf das jeweilige Geschehen ab. Die fast ausschließlich instrumentalen Stücke werden dort meist von Monologen der Hauptprotagonistin überlagert, woraus sich eine intensive, manchmal hypnotische Qualität entfaltet. Der Longplayer bietet hingegen nur die nackten Elektro-Kreationen ohne den zugrundeliegenden Handlungs- und Spannungsbogen an. Und schafft es deshalb nicht immer, in gleichem Maße die Stimmung zu kommunizieren.

Der Opener "No now not your face" pendelt mit wiedererkennbarem Motiv noch relativ leicht zugänglich zwischen Harmonie und Einöde, schon kurz danach driftet "1/1" in abstrakte Skizzen ab, die es deutlich schwieriger machen, Halt zu finden, bevor sie nach zwei Minuten den Staffelstab an den nächsten Track abgeben. Ein energisch schabendes "Caused by the pitch", ein in Zeitlupe ravendes "Liquorice" oder der ausgedehnte, beatgetriebene Closer "Beyond" sind gekonnt platzierte Ausnahmen, in "Helsingor Lane" stellt Andrew gar sein unverkennbar unheimliches Falsett in den Dienst des Sounds. So zieht sich "1/1" unterm Strich nie so weit in sein Schneckenhaus zurück, dass der Soundtrack den Hörer abhängt, schwere und abstrakte Kost bleibt er aber dennoch. Solch einen schlecht beleuchteten Trip durch entlegene Winkel muss man erst mal verdauen. Wie eine Platte von einer Band mit negativer Mitgliederanzahl klingt, erfahren wir dann vermutlich demnächst.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Helsingor Lane
  • Shitraver
  • Liquorice
  • Beyond

Tracklist

  1. No now not your face
  2. Cottagevej
  3. Caused by the glitch
  4. Helsingor Lane
  5. Lesson in threes
  6. Telepathic interrogation
  7. Gesta danorum
  8. Caused by the pitch
  9. The jelling ship
  10. Shitraver
  11. Drastic tactic
  12. Liquorice
  13. Nøkke
  14. The finger plan
  15. Beyond
Gesamtspielzeit: 43:46 min

Im Forum kommentieren

Felix H

2018-07-18 09:19:07- Newsbeitrag

Armin

2018-07-08 21:38:14- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

GV

2018-06-27 14:51:03

Klingt interessant. Gleich mal vorbestellt.

Felix H

2018-06-27 09:46:44- Newsbeitrag

Soundtrack-Arbeit, kommt am 20.7.

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