John Parish - Bird dog Dante

Thrill Jockey / Rough Trade
VÖ: 15.06.2018
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Auf kein Bier

Mit der Diskografie von John Parish ließen sich kleinere Lexika füllen und doch bildet sein Name eher eine Randnotiz in der jüngeren Musikgeschichte. Am bekanntesten dürfte seine Verbindung zu PJ Harvey sein: Als der wohl größte Förderer der Britin produzierte er 1995 ihr wegweisendes Album "To bring you my love", dirigiert seit jeher ihre Live-Band und kollaborierte mit ihr auf "Dance hall at Louse Point" und "A woman a man walked by". Ungeachtet dessen und unzähliger weiterer Beiträge als Produzent und Gastmusiker bei so unterschiedlichen Acts wie Eels, Goldfrapp oder Perfume Genius konnte er sich nie als eigenständiger Künstler etablieren. Auch "Bird dog Dante", Parishs erst drittes Solo-Album nach "How animals move" und "Once upon a little time", wird das wohl nicht ändern. Es ist ein weiteres bemerkenswertes Denkmal seiner ständigen Ambition der Neuerfindung, doch auch eine arg zerfahrene und durchwachsene Angelegenheit, die weder als Gesamtwerk noch in ihre einzelnen Bestandteile aufgespalten so recht funktionieren mag.

Grob gefasst zerfallen die Stücke in zwei Kategorien. Da sind zum einen die zurückhaltenden, stilistisch durchaus breiten, aber auch recht klassischen Pop- und Rocksongs: Der fragile Wohnzimmer-Pop des Openers "Add to the list" findet sich hier mit geisterhaften Synths und einem perkussiven Klappergestell ein, ebenso wie das um ein bluesiges Gitarrenriff mäandernde "The march" oder "Rachel", eine stampfende Lou-Reed-Ballade mit dezenten Bläsern und Aldous Harding als Gastsängerin. "Buffalo" leitet dann in der zweiten Albumhälfte ein Quartett von Songs ein, bei denen sich Parish ganz offensichtlich von seinen diversen Soundtrack-Arbeiten inspirieren ließ. Entwickelt besagtes "Buffalo" mit seinem Psychedelic-Vibe und treibenden Drums noch eine Form von Dringlichkeit, sind die folgenden "Kireru", "Le passé devant nous" und "Carver's house" reine Piano- und Synth-Instrumentals, die ohne passende visuelle Begleitung kaum Aussagekraft besitzen. Keineswegs schlecht, aber letztendlich doch sehr egal – und zu allem Überfluss passt diese obskure Mischung aus Ambient-Scores und konventionellem Songwriting so überhaupt nicht zusammen.

Generell muss man sich die Frage stellen, ob mit der Trackreihenfolge hier nicht ernsthaft irgendwas schiefgelaufen ist. "Let's go" ist ein weiteres Instrumental, das aber sinnbefreit in der ersten Hälfte herumsteht, direkt darauf folgt die sonnig gen Himmel emporsteigende Diabetes-Abrechnung "Type 1", die sehr viel besser als Schlusspunkt getaugt hätte als der Lo-Fi-Gitarrenpop des tatsächlichen Closers "The first star". Es gibt allerdings auch ein strahlendes Highlight, denn in "Sorry for your loss" hat sich Parish mit seiner langjährigen Begleiterin Harvey zusammengetan, um einem gemeinsamen Freund, dem 2010 verstorbenen Sparklehorse-Kopf Mark Linkous, Tribut zu zollen: "The sun never felt colder / The window rattled and I wondered if you just passed over." Tief bewegend, aber gänzlich unsentimental, dazu mit seiner Mischung aus Banjo-Folk und noisigem Gitarren-Zittern auch musikalisch der locker beste Song, ist dieses Kleinod qualitativ weiter vom Rest des Albums weg als die "Bild" von seriösem Journalismus. Parish selbst nimmt's mit Humor und stellt zum Ende in Aussicht, dass man sich die ganze Chose zur Not auch einfach schöntrinken kann: "I wish you finally found peace, or found a bar." Ganz so schlimm ist es dann aber auch wieder nicht.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sorry for your loss (feat. PJ Harvey)

Tracklist

  1. Add to the list
  2. Sorry for your loss (feat. PJ Harvey)
  3. The march
  4. Let's go
  5. Type 1
  6. Rachel
  7. Buffalo
  8. Kireru
  9. Le passé devant nous
  10. Carver's house
  11. The first star
Gesamtspielzeit: 35:00 min

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Armin

2018-07-01 11:57:26- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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