Melody's Echo Chamber - Bon voyage
Domino / GoodToGoVÖ: 15.06.2018
Weder hier noch dort
Es ist doch so: Schafft etwa eine Band mit ihrem ersten Werk den Durchbruch, richtet sich das Augenmerk der Öffentlichkeit immer verstärkt auf den Nachfolger, das vermeintliche Make-it-or-break-it-Album, mit dem entweder der endgültige Aufstieg oder das klägliche Ende besiegelt wird. Vor diesem Problem steht Melody Prochet alias Melody's Echo Chamber nur bedingt, denn: Die hat jenen Durchbruch trotz eines durchaus vorzüglichen Erstlings weiterhin vor sich. Dabei standen die Chancen im September 2012 bei der Veröffentlichung von "Melody's Echo Chamber" gar nicht mal schlecht. Mit ihrer Mischung aus Dream- und Psychedelic-Pop kam Prochet genau richtig, während Produzent und Herzbube Kevin Parker von Tame Impala an den Reglern für den berühmt-berüchtigten Feinschliff sorgte.
Rund sechs Jahre später sieht die Welt ganz anders aus: "Bon voyage" steht in den Startlöchern, dennoch ist Prochet für viele mittlerweile wieder im Neulings-Status angekommen. Die Beziehung zu Parker ist zerbrochen, womit auch der Verlust von zwei Jahren harter Arbeit einherging. Und dann macht der Körper auch noch ernste Schwierigkeiten: Von einem Gehirnaneurysma und gebrochenen Rückenwirbeln ist da etwa die Rede. Und so rückt der große Mythos des Durchbruchs wohl eher in die persönliche weite Ferne. Ganz davon abgesehen stellt sich diesbezüglich noch eine ganz andere Frage: Nämlich, ob "Bon voyage" dafür überhaupt das richtige Mittel ist.
Deutlich unruhiger als noch der selbstbetitelte Vorgänger wirkt Prochet hier, die gute Reise verläuft nicht gänzlich ohne Stolpersteine, und obgleich es schön ist, dass in ihrer Brust nach wie vor mehrere Herzen schlagen – sowohl für Australien und Frankreich als auch für verschrobene wie liebliche Melodien –, ist der Wechsel zwischen den verschiedenen Welten nicht immer leicht zu verdauen. Der mit fast sieben Minuten Spielzeit eher vollschlanke Opener "Cross my heart" startet als sommerliche Indie-Pop-Nummer der Marke Alvvays und stürzt sich plötzlich in doppelt durch den Soundwolf gedrehtes World-Music-Chaos, das weder Fisch noch Fleisch ist. Das mag sicher einen Punkt auf der Überraschungsskala geben, sorgt aber eben auch für einen stotternden Start.
Am besten und überzeugendsten klingt Prochet immer dann, wenn sie sich auf eine Sache konzentriert und diese volle Kraft voraus durchzieht. Die wirklich schöne Akustikballade "Var har du vart?" braucht kaum mehr als eine Gitarre, Prochets glasklare Stimme und den schwedischen Charme von Gaststar Gustav Estjes, der sonst eher als Frontmann von Dungen bekannt ist. Und auch das darauffolgende "Quand les larmes d'un ange font danser la neige" spielt sich mit seiner Verhuschtheit direkt ins Ohr. Zum Schluss, wenn sich Prochet mit "Shirim" einmal durch die Weltgeschichte funkt, ist immer noch nicht ganz klar, warum die 31-Jährige derart sprunghaft ist und von einem Punkt zum nächsten wechselt. Andererseits: Diese Möglichkeit bekommt sie womöglich nie wieder. Warum also eigentlich nicht?
Highlights & Tracklist
Highlights
- Var har du vart?
- Quand les larmes d'un ange font danser la neige
Tracklist
- Cross my heart
- Breathe in, breathe out
- Desert horse
- Var har du vart?
- Quand les larmes d'un ange font danser la neige
- Visions of someone special, on a wall of reflections
- Shirim
Im Forum kommentieren
Come on
2018-10-18 17:15:37
Die 6/10 ist wirklich ne Frechheit.
Ist mindestens ne 7/10 geht aber mehr Richtung 8/10.
Sie kann gerne mehr in die Richtung von Stereolab gehn.
saihttam
2018-06-20 12:02:19
Mich hats beim ersten Hören nicht überzeugt. Halte da eine 6 schon für angemessen. Aber vielleicht muss ich es auch einfach noch öfters anmachen.
Kojiro
2018-06-20 10:35:06
@Plattenbeau
Ja, gut, könnte in dem Fall auch mehr Dungen sein :-)
Finde allerdings auch, dass es mehr als 6 Punkte verdient hätte. Debüt bleibt alles in allem aber doch wesentlich stärker.
Plattenbeau
2018-06-17 20:16:52
@Kojiro
Wirklich mehr Melody? Oder einfach mehr Dungen an Stelle von Kevin Parker?
Wie dem auch sei, schönes Album, hier und da etwas anstrengend. Verdient mehr als 6 Punkte.
Highlight ist dieser Kommentar auf RYM:
"Definitely the best of the Kanye-produced seven-track albums so far. The psychedelic reinterpretation of "Breathe In, Breathe Out" is so radically inventive that you can barely recognise it as the same song that he recorded on College Dropout all those years ago."
Kojiro
2018-06-15 18:41:10
Mir gefällt`s nach dem ersten Durchgang ausgesprochen gut! Das Debüt, das ich sehr gerne mochte, klang halt doch sehr nach Tame Impala (was nichts Schlechtes ist). Hier hat man das Gefühl, mehr von Melody zu hören, und das klingt weitgehend eig. richtig gut.
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