Beechwood - Inside the flesh hotel

Al!ve / H'Art
VÖ: 08.06.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Mehr des Guten

Erst einmal: Entschuldigung! Zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres bringen wir eine Rezension der gleichen noch relativ unbekannten Band. Vor gerade mal vier Monaten veröffentlichten Beechwood hierzulande ihr Album "Songs from the land of nod". Es war ein gutes, rohes und dreckiges Rockalbum, Kritiker waren sich einig, Plattentests.de sah es bei 7/10. Jetzt hauen die New Yorker tatsächlich schon wieder ein Album raus, und was soll man noch sagen - es ist genauso hochwertig. Und was mindestens sehr gut ist, also 7/10 und aufwärts, das wird rezensiert, so will es das goldene Gesetz. Kann man nichts machen.

Wer sich noch mal in Erinnerung rufen will, wie Rock'n'Roll die Jungs im echten Leben eigentlich sind, sei auf die jüngste Rezension verwiesen. Kurzfassung: Musik ist mehr oder weniger das einzige, was die Bandmitglieder von der Straße und aus dem Gefängnis hält. Der Stil mit nachlässig-cool dahergesungenen Texten und handfesten Gitarren-Eskapaden ist weiterhin ihr liebstes Ausdrucksmittel. Während es auf dem letzten Album allerdings noch eines an Scheißerfahrungen zu verarbeiten galt, hat sich die emotionale Palette mittlerweile erweitert und hält auch hellere Schattierungen bereit. In "Flesh hotel" sind Beechwood zwar noch ganz in ihrer aggressiven Gleichgültigkeit verhaftet. Sie besingen die Qualen des Daseins in ihrem irdischen Fleischgefängnis, während drum herum der Punkrock tobt, stampft, raucht und kreischt. "I found you out" allerdings öffnet schon in den ersten paar Takten ein ganzes Panorama an Klangfarben: Nach ein paar Takten holprigen Noise-Rocks kommt eine Bassline, die auch aus dem New Wave stammen könnte, und im Anschluss eine sonnige Indie-oder Surfrock-Floskel. Die drei separat vorgestellten Motive werden im Folgenden fast so kunstvoll miteinander verwoben wie in einer Bach-Fuge.

Auch thematisch vergrößern Beechwood ihr Repertoire. So haben aus der Not heraus politische Botschaften Eingang auf das Album gefunden. In "Bigot in my bedroom" machen Beechwood ihrem Frust über die Lage der Vereinigten Staaten Luft, ganz ohne Agenda oder Perspektive: "Look what you've done to this nation, you got us tangled up in all of your lies." Ausgerechnet diese Nummer kommt besonders beschwingt daher und regt mit ihrem klassischen Rock-Groove und dem ewig verstimmten Piano zum mitbouncen an. "Amy" und "Up and down" kann man sogar als veritable Liebeslieder durchgehen lassen. Wobei Beechwood stehts bemüht sind, mit allerlei Verfremdungen die Romantik zu brechen und vielleicht auch vorzuführen. "Up and down" könnte locker ein fröhlich-naiver Beatles-Song sein, mitsamt typischem Harmoniegesang. Nur eben langsamer und inklusive Hintergrundrauschen. Und die Harmonien liegen so haarscharf daneben, dass es auch eine Persiflage sein könnte.

In Country-Gefilde wagen sich Beechwood im Closer "Our love was worth the heartbreak". Dieses überraschende Beziehungs-Resümee zieht Sänger Gordon Lawrence zu Resonanzgitarre und gemütlichem Akkord-Geklampfe. In den überaus einprägsamen Refrain fällt ein Chor ein, der wohl aus einem Jungesellenabschied rekrutiert wurde, der sich ins Studio verirrt hat. Die gelöste und zuversichtliche Stimmung des Songs unterstreicht das eher noch. Man weiß nicht, was man sich eher wünschen soll: Dass Beechwood in der gleichen Frequenz weiter gute Platten produzieren, oder dass sie sich das nächste Mal etwas mehr Zeit lassen und ein exzellentes Werk vorstellen.

(Eva-Maria Walther)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Bigot in my bedroom
  • Nero
  • I found you out

Tracklist

  1. Flesh hotel
  2. Boy before
  3. Amy
  4. Bigot in my bedroom
  5. Over on everyone
  6. The ram
  7. Nero
  8. I found you out
  9. Up and down
  10. Sucker
  11. I don't blame you anymore
  12. Our love was worth the heartbreak
Gesamtspielzeit: 35:56 min

Im Forum kommentieren

MasterOfDisaster69

2018-07-05 12:03:45

korrekt, sehe ich genauso, noch dazu, wenn beide Platten so gut sind. Für einige der zig Alben von Omar Rodriguez-Lopez im Jahre 2016 wäre eher eine "Entschuldigung" angebracht gewesen, aber nicht hier...

7/10

hallogallo

2018-06-15 11:31:51

Nachtrag: Es ist schön, dass Plattentests das Album rezensiert hat. Der erste Absatz der Rezension ist allerdings aggressiv abschreckend. Hätte man besser weglassen sollen.

hallogallo

2018-06-15 11:14:35

Beechwood sind eine der vielversprechendsten Rock Bands des Jahres 2018. Ihr Songwriting ist gradlinig und intelligent, ich empfehle zum Einstieg u.a. "Heroin Honey" (eher poppig melodiös) und vom aktuellen Album "Flesh Hotel" (rockiger, hypnotisch).

Live sind sie sehr energetisch und haben sich auch für 10-20 ZuschauerInnen bei Ihren Gigs in Oberhausen und Mannheim auf den Boden geworfen, eine Gitarre zertrümmert und diverse Zugaben gespielt. Das Gangster, Stricher & Hustler-Image kaufe ich ihnen allerdings nicht so recht ab, wirkten höflich und fast zurückhaltend die Jungs :)

Armin

2018-06-14 20:52:18- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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