
Wrekmeister Harmonies - The alone rush
Thrill Jockey / Rough TradeVÖ: 13.04.2018
A book and its cover
Angriff und Rückzug sogleich. So in etwa präsentiert sich Wrekmeister Harmonies neues Album "The alone rush", betrachtet man die oberflächlichsten Faktoren. J.R. Robinson und seine langjährige Mitstreiterin Esther Shaw posieren auf dem Cover, klar und scharf sichtbar, Shaw sogar lächelnd – ein ungewöhnliches Artwork für ein solches, als introvertiert, ausladend und düster geltendes Projekt. Zugleich fällt beim Hören im Gegenzug jedoch schnell auf, dass das Kollektiv um Robinson zwar noch mehr von gewaltigen und aggressiven Ausbrüchen abrückt und nach innen gekehrt ist, wodurch "The alone rush" in seiner schwielenden Unruhe als Konsequenz aus der Entwicklung über "Night of your ascension" bis hin zu "Light falls" gesehen werden kann. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Stimmungsintensität flöten gegangen ist. Die hat kaum nachgelassen. Schließlich liegt unter der Bürde eines Todesfalls und einer schweren Erkrankung im Umfeld von Robinson eine "Meditation über Tod und Isolation" vor. Die Antwort ist eine minimale, spärliche, aber reich entlohnende Platte.
Robinson verfällt häufiger noch als früher in ein getragenes Rezitativ, nicht unähnlich dem Großmeister Nick Cave oder Michael Gira von Swans, dem man insbesondere wie ein Mantra wiederholte, flehende Zeilen wie "Leave the light on / I'm going blind" ebenfalls problemlos abnehmen würde. Kein Zufall, sitzt schließlich deren Ex-Schlagzeuger Thor Harris für "The alone rush" an den Drums, zudem klingt auch das vielschichtige atmosphärische Saitenmeer in Stücken wie "Behold! The final scream" und vor allem im 14-minütigen Longtrack "Forgive yourself and let go" nach Swans circa "Soundtracks for the blind". Jenes Stück benötigt entsprechend der Blaupause auch keine kathartische Explosion, sondern türmt über klagende Streicher und fernes Rumpeln Bläser, Stimmengewirr und Klanggeschwader, bis eine herrlich chaotische Kakophonie entsteht.
"The alone rush" ist aufgrund seiner Engelsgeduld sicher nicht das Werk von Wrekmeister Harmonies, welches man in Zukunft als Einstieg empfehlen wird. Zu frei umherschwebend ist beispielsweise das Pink-Floyd-Wabern im hinausgeleitenden Titeltrack, zu abstrakt die um Verlust, Verfall und Tod kreisenden Texte, welche häufig nur in kryptischen Fetzen die Songs bevölkern. Der titelgebende, markerschütternde Schrei aus "Behold! The final scream" und die intensive Coda in "Descent into blindness" sind nur die Ausnahme der Regel, die vorwiegend den meditativen Charakter von Robinsons Musik in den Vordergrund stellt. Es wird geknurrt, aber nicht gebissen – auch wenn Songtitel namens "A 300 year old slit throat" oder "Covered in blood from inside wounds" andere Eindrücke erzeugen möchten. Aber die kleine Diskrepanz zwischen Präsentation und Inhalt wurde ja bereits thematisiert.
Highlights & Tracklist
Highlights
- A 300 year old slit throat
- Forgive yourself and let go
Tracklist
- A 300 year old slit throat
- Descent into blindness
- Behold! The final scream
- Covered in blood from inside wounds
- Forgive yourself and let go
- The alone rush
Im Forum kommentieren
Eirik
2018-05-18 19:12:47
Mische aus Swans mit Ian Curtis als Sänger und etwas Doom Metal triffts ganz gut.
Eirik
2018-05-18 19:11:00
Ja.
Das ist intensiv und gut!
Toll! Und danke für den Tipp!
Läuft ziemlich oft.
Armin
2018-05-03 21:01:25- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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