Pöbel MC & Milli Dance - Soli-Inkasso

Audiolith / Broken Silence
VÖ: 09.03.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Loser an die Macht

Provokation sei ein wichtiges Stilmittel, erklärte Campino in seiner vielbeachteten Rede beim Echo 2018. Und ja, gerade der HipHop lebt davon, Grenzen auszureizen. Wie man diese dabei aber auch überschreiten kann, haben Kollegah und Farid Bang eindrucksvoll bewiesen. Genug davon an dieser Stelle, schließlich geht es hier um die beiden Rostocker MCs Pöbel MC & Milli Dance. Was die beiden aber von den zuvor erwähnten Preisträgern unterscheidet, ist, dass sie es auf die Kette bringen, "Pimmel" und "Muschi" zu rappen, ohne dabei sexistisch zu haten, dass sie Verschwörungstheorien lächelnd enttarnen statt ihnen anzuhängen und vor allem, dass sie eine Erinnerungskultur pflegen, die sich nicht billig über die Opfer eines Völkermordes lustig macht. Auf "Soli-Inkasso" beweisen die beiden Rostocker – nach einigen Features von Pöbel MC mit der Milli-Dance-Crew Waving The Guns erstmals auf Albumlänge – vor allem eines: Haltung.

"Wenn Sieger wie Ihr aussehen, haben wir gern die Loseroptik", erklären die beiden MCs, deren Bizepse in der Tat ziemlich unbosshaft erscheinen, in ihrem Track "Loseroptik" und schlagen sich dabei inmitten poppiger Ausmalung auf die Seite des Schwächeren. Anderswo wagen die Rapper einen Ausflug in den Trap: "Sososo" reicht den Hustensaft und sprengt die genretypische Gelangweiltheit dabei mit Witz und bissigen Battle-Lines. Ernster wird's in "Robomob", das zunächst ein paar Statistiken zitiert: In 80 Prozent der Fälle geschehen Tötungsdelikte hierzulande durch die eigene Hand oder aus dem familiären Umfeld, dennoch hat man Angst vor dem "schwarzen Mann" in der Öffentlichkeit. Kein Wunder, dass Pöbel MC & Milli Dance sich angesichts dieses Missstandes voll in Zeug legen und in duzender Ansprache Abgrenzung betreiben, während der Beat bedrohlich wummert. "DWDCS", lang "Das, was die Crew sagt", fordert zu gruppeninternem Diskurs auf und mahnt gleichzeitig Solidarität an, "Dawei dawei" ruft zwischen Bläsern zur Jagd und rasiert Rapperköpfe von Rostock bis nach München. Selbstreflexiv wird es in "Therapeutin", welches Empfinden und Ideologie in Kontext setzt und gleichzeitig Schwächen eingesteht.

"Die Rückkehr der Vernunft" fordern die Rapper im gleichnamigen Boombap-Titel. Die Zeile "Opfer-Rapper betonen die Absicht ihrer Inhaltslosigkeit" stellt die Frage, warum man sich öffentlich auf Dummheit berufen darf und damit auch noch ankommt. Kollegah und Farid Bang haben angesichts ihres Echo-Triumphes ja alles Recht zu sagen: "Wir sind die Gewinner." In einer Gesellschaft, in der solche Leute allerdings auch nur irgendeinen Preis erhalten, sollte man sich auf Seiten der Loser positionieren, klar aussprechen, was falsch läuft, sich abgrenzen, nicht immer alles mitmachen und als Gegenbeispiel auftreten. Genau das tun Pöbel MC & Milli Dance auf "Soli-Inkasso" ganz erfrischend.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • DWDCS
  • Robomob
  • Sososo

Tracklist

  1. Intro
  2. Pöbel & Dance
  3. Loseroptik
  4. DWDCS
  5. Therapeutin
  6. Aufbruchsstimmung
  7. Robomob
  8. Sososo
  9. Rückkehr der Vernunft
  10. Dawai dawai
  11. Abgesang
Gesamtspielzeit: 43:40 min

Im Forum kommentieren

Paolo

2018-04-21 11:40:08

Meine Fäkalien, die ich extra im Kühlschrank zum späteren Verzehr aufbewahre, sind auch nice. :)

Nice

2018-04-21 11:34:19

Nice

Armin

2018-04-19 20:34:35- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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