
Car Crash Sisters - Sundance Sea
Blackjack IlluministVÖ: 16.03.2018
Früher war mehr Wall of Sound
Nostalgie ist sowohl ein wohlig-warmes Gefühl als auch ein ambivalentes Konzept: Schwelgt man dabei in schönen Erinnerungen an gute alte Zeiten, lässt das Gehirn allerdings oftmals einfach aus, dass nicht alle vergangenen Tage so rosig waren, wie man sich das in Erinnerung rufen mag. Was in der Realität für manche Verdrängung von unangenehmen Jugendsünden sorgt – nicht vergessen, neben Grunge und Alternative gab es in den 90ern auch "Cotton Eye Joe" und Vengaboys – machen sich Car Crash Sisters für die eigene Musik zunutze. So sorgt der zeitliche Abstand von gut 20 Jahren dafür, dass sich das Quartett aus Mexiko für sein Debütalbum "Sundance Sea" nur das Beste vom Besten als Referenzen und Inspirationen heraussuchen konnte, ohne sich vorher durch die Mittelmäßigkeiten der 90er wühlen zu müssen. Schließlich ist inzwischen bekannt, welche Bands und Alben von damals den Test der Zeit bestanden haben.
My Bloody Valentine, Nirvana, Swervedriver – mit solchen Vorbildern ist es bei der geografischen Distanz zwar überraschend, aber nur konsequent, dass die Band beim deutschen Label Blackjack Illuminist untergekommen ist, einem idealen Zuhause für alles Kunstvolle, das fuzzig und verhallt um die Wette wabert. Dafür bietet "Some kind of regret" den perfekten Einstieg: Die Musiker üben sich nach einem trockenen und nüchternen Gitarren-Intro in ihrer eigenen Version der Wall of Sound und lassen atmosphärisch dichte Riffs auf den Hörer los. Die vollführen zum Ende des Songs hin sogar mit spielerischer Lässigkeit einen Spagat zwischen Shoegaze und Psychedelic Rock, der mit Nachdruck zum tiefen, rhythmischen Kopfnicken einlädt. "Orange" ist so vielseitig wie kurzweilig: Als hätten Biffy Clyro einen Slowdive-Song geschrieben, ergänzen sich griffige Riffs und drängende Dream-Pop-Gesänge zu einem stimmigen Soundgewand.
Das Facettenreichtum von Car Crash Sisters hört auch mit "In another world" nicht auf: Was hier als düstere Post-Punk-Nummer beginnt, entpuppt sich im weiteren Verlauf als treibendes Indie-Stück mit angedeuteter Tanzbarkeit. "Anne Louisse of the raging seas" schafft die Schnittstelle zwischen Radiohead und Soundgarden, klingt dabei aber so souverän und frisch, dass das Stück weit mehr ist als ein Abklatsch der beiden Vorbilder. Zu keiner Zeit wirkt die Gruppe um Frontmann Kique J. ideenlos, dafür sind die acht Songs zu sorgfältig arrangiert und auf den Punkt zusammengestellt. "Sundance Sea" ist genauso vielseitig und spannend wie die 90er selbst – mit genug Selbstreflexion aus dem 21. Jahrhundert, um auch modernes Songwriting mit einfließen zu lassen. Ganz ohne Nostalgie.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Some kind of regret
- Orange
Tracklist
- Some kind of regret
- Orange
- In another world
- Anne Louisse of the raging seas
- Blackholeyday
- Anyway
- Midnight
- Descension
Im Forum kommentieren
753
2018-04-12 09:01:12
Ganz hervorragendes Album.
Meine Highlights sind:
Some kind of regret, Anne Louisse of the raging seas, Blackholeyday, Midnight und Descension
The MACHINA of God
2018-04-06 13:04:53
Klingt gut, wobei ich nach der Rezension etwas härteres erwartet habe.
Armin
2018-04-05 21:10:20- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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- Car Crash Sisters - Sundance Sea (3 Beiträge / Letzter am 12.04.2018 - 09:01 Uhr)