
Pretty City - Cancel the future
Gaga DigiVÖ: 23.03.2018
Dekoloration
Wenn bei einer Band der im triefenden Schweiß der Massen erstickende Punkschuppen durch die aufkeimende Popularität nicht mehr als Auftrittsort ausreicht, dann ist es normalerweise an der Zeit, nach Größerem zu streben. Das übernehmen viele Künstler nicht nur in der Vermarktung ihrer Musik, sondern auch in ihrem Sound selbst. Deswegen ertrinken neuere Coldplay-Songs immer mehr in nicht enden wollenden Streicherteppichen, deswegen klingen die Killers mittlerweile nur noch wie eine abstrahierte Club-Variante ihrer selbst, und deswegen sind die jüngsten Fall-Out-Boy-Alben noch schrecklicher als die ersten. Pretty City stehen in diesem scheinbar naturgemäßen Prozess einer Musikerkarriere aber vor einer verzwickten Sackgasse, denn ihr Debütalbum "Colorize" war bereits eine monumentale Shoegaze-Feier, deren Soundgewalt nicht mal eben so zu übertreffen ist. Wie also eine Reise fortsetzen, deren klanglicher Superlativ bereits am Anfang steht? Die Australier finden die einzig richtige Antwort, indem sie einen Gang zurückschalten.
Natürlich ist "Cancel the future" trotzdem keine 180-Grad-Drehung, dennoch fahren Pretty City die Synthie- und Effektgerät-getränkten Elemente ihrer ersten Platte merklich zurück und konzentrieren sich vornehmlich auf ihre melodische Britpop-Seite. Das äußert sich wider erwarten nicht in einseitiger Gefälligkeit, sondern in sehr variantenreichen Ergebnissen. In "Nothing happens for free" stellen die Australier etwa den groovigen Fuzz-Klang ihrer Gitarren in den Vordergrund, "Piece of the puzzle" kontrastiert eine zappelige Kasabian-Hook mit akustischer Bodenständigkeit, und "Be someone" kontert mit störrischer Rock'n'Roll-Attitüde die liebliche Melodik des restlichen Albums aus. Weitere Außreißer sind der knarzig-elektronische Track "Boots", der sich um ein Mantra-artiges Sprachsample dreht, und Songs wie "Flying" oder "Same as before", die dann doch kurz einen Blick zurück in die liebgewonnenen Shoegaze-Epen werfen.
Das Besondere an "Cancel the future" ist aber wohl, dass es sich trotz Umstellung nie nach Verrat anfühlt. Alle Elemente, die das zweite Album des Quartetts in den Vordergrund stellt, waren so auch schon auf dem Vorgänger vorhanden, klingen neu arrangiert aber trotzdem gleichermaßen frisch und vertraut. Richtiger hätte die Band kaum handeln können, und Pretty City werden die kleinen Kellerclubs so hoffentlich auch mit reduziertem Sound bald verlassen können.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Nothing happens for free
- Same as before
Tracklist
- Nothing happens for free
- Piece of the puzzle
- Flying
- Same as before
- Everybody misses you
- Television
- Boots
- Be someone
- Simone
- Sing me the song
Im Forum kommentieren
Z4
2024-02-24 12:12:53
Canceln 1/10, da es nicht funktioniert.
Kanye West überall auf Platz 1 und Luke Mockridge füllt auch wieder Stadien und gewinnt Preise. Von Rammschwein ganz zu schweigen.
Armin
2018-03-14 17:31:17- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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- Pretty City - Cancel the future (2 Beiträge / Letzter am 24.02.2024 - 12:12 Uhr)