
The Men - Drift
Sacred Bones / CargoVÖ: 02.03.2018
Eine kleine Teufelsmusik
Eine kleine philosophische Frage zu Beginn: Was ist, wenn man selbst zu sein das schönste Geschenk ist, das man sich selbst machen kann? Wenn man nach einer Zeit der Herumstreunerei, der Suche nach diesem kleinen bisschen Mehr, ja, der Zweifel und Ängste irgendwann der Moment einsetzt, in dem einem alles andere endlich egal ist? Fast scheint es, als hätten die New Yorker Schrammelrocker von The Men ebendiesen Moment nun erlebt: Im zehnten Jahr ihres Bestehens schenkt die Band sich selbst und ihrer Hörerschaft einfach bloß sich selbst. Nach dem leider zurecht ziemlich untergegangenen, lauwarmen "Devil music" von 2016 markiert das siebte Album "Drift" nicht nur die Rückkehr zu Sacred Bones, sondern auch zur Experimentierfreude, die The Men nach Veröffentlichung des grandiosen "Open your heart" zumindest stellenweise abhanden gekommen ist.
Den Anfang macht "Maybe I'm crazy", ein von Synthesizern durchzogener Industrial-Punk-Brocken für die schmutzigsten und dunkelsten Tanzflächen, die New York zu bieten hat: ein verführerisch-gefährlicher Tanz mit dem Teufel, ein albtraumartiger Spaziergang durch Horrorfilm-Wälder der Extraklasse. Weitaus weniger subtil, aber mindestens so eindringlich gibt sich der knallharte Straßenfeger "Killed someone", der nicht nur mit brachialem Schlagzeug und rasiermesserscharfen Riffs, sondern vor allem mit seinem Gift und Galle spuckenden Kampfgebrüll zu überzeugen weiß – manche mögen es als Gesang bezeichnen. Getoppt wird das nur noch vom psychedelisch anmutenden "Secret light", das zwar eine längere Anreise aus den Sechzigern hinter sich hat, aber vollkommen ohne Ermüdungserscheinungen in die Zukunft halluziniert.
Doch leider gibt es bei "Drift" auch ein Aber: So schön es eben sein mag, dass sich The Men außerhalb ihrer mittlerweile etablierten Garage-Rock-Komfortzone bewegen und sich etwas trauen, treibt das Album es in dieser Hinsicht sogar zu bunt. Einen roten Faden kann man auf "Drift" kaum erkennen, und wenngleich etwa "Rose on top of the world" versucht, sich in lässiger Lou-Reed-Manier zu präsentieren, bleibt es doch ein zwar ganz hübscher, aber irgendwie unpassender Folk-Pop-Song. Da hilft auch die zur Mitte hin ausgepackte Stromgitarre nicht, um dem Ganzen doch noch so etwas wie Ecken und Kanten zu verleihen. Und auch das mit staubigen Western-Film-Klischees und Country flirtende "So high" wirkt als Einzelsong deutlich besser als im Albumkontext, erst recht, wenn danach das bereits erwähnte "Killed someone" plötzlich das Blut in den Adern gefrieren lässt. Und auch der gar leicht ätherische Abschluss mit "Come to me" ist zwar ganz nett – am wortwörtlichen Ende aber eben auch nur das. Dennoch lässt sich zehn Jahre nach Entstehung mit Fug und Recht festhalten: The Men sind noch lange nicht weg vom Fenster. Und das ist dann doch auch ein schönes Geschenk.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Maybe I'm crazy
- Secret light
- Killed someone
Tracklist
- Maybe I'm crazy
- When I held you in my arms
- Secret light
- Rose on top of the world
- So high
- Killed someone
- Sleep
- Final prayer
- Come to me
Im Forum kommentieren
wilson (ausgeloggt)
2018-09-26 22:24:24
"leave home" und "open your heart" gefielen mir 2011/2012 sehr."new moon" war 2013 auch noch ziemlich gelungen...die alben danach konnten mich aber leider nicht mehr so richtig begeistern...
MopedTobias (Marvin)
2018-09-26 21:02:12
Ich interessiere mich, finde das Album aber kaum der Rede wert. Kein Vergleich zum absolut grandiosen New Moon.
der kleinste gemeinsame schrammler
2018-09-26 19:16:51
Vor 13 Jahren wäre dieser Thread noch bis oben hin voll gewesen...und heute...interessieren sich immer weniger Leute für abseitige Musik von Sacred Bones Records. :(
Schaue gerade das neue Video von The Men:
https://www.youtube.com/watch?v=nK7UD2Sl-SU
Armin
2018-03-14 17:30:43- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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