Judas Priest - Firepower

Columbia / Sony
VÖ: 09.03.2018
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Legende und kein Ende

Der Begriff "Rocklegende" ist ja gemeinhin so schnell gesagt. Aber seien wir einmal ehrlich: Vieles trägt sich vor allem aus Überlieferung, aus Verklärung, genau – früher war alles besser. Judas Priest sind so ein Fall. Auf der einen Seite stehen unsterbliche Klassikerplatten, "Screaming for vengeance", "British steel" oder auch "Painkiller". Und natürlich dazu mit Rob Halford ein Frontmann, der zu Recht den Beinamen "Metal God" trägt und ganz en passant für wichtige Elemente der im Metal nicht ganz unwichtigen Optik verantwortlich ist. Elemente, die Halford lustigerweise aus der Londoner Schwulenszene (Lack! Leder!) in die doch eher testosteronreiche Metal-Welt einführte, aber das nur am Rande. Um auf den Legendenstatus zurückzukommen – dieser wird von Priest höchstselbst immer wieder gern ins Wanken gebracht, sei es durch damals hochskandalöse technische Provokationen wie die Guitar-Synthesizer bei "Turbo" oder einfach nur vermurkste Alben wie "Ram it down" oder "Nostradamus". Von Halfords "Der Metal ist tot"-Geschwafel in den Neunzigern wollen wir gar nicht reden.

Insofern werden neue Alben von Judas Priest stets mit ein wenig sorgenvoller Skepsis erwartet. Vor allem, wenn sie mit einem bräsig-klischeehaften Titel wie "Firepower" versehen sind. Nach einer knappen Stunde Spielzeit allerdings ist aus den vielen kleinen Fragen eine große geworden. Nämlich nur doch die, in was für einen Jungbrunnen diese Band bitte gefallen sein könnte. Der eröffnende Titeltrack mag zunächst noch ambivalent wirken, was vor allem am etwas biederen Refrain liegen mag. Viel wichtiger jedoch ist, dass "Firepower" auf seinen 3:29 Minuten keinerlei Kompromisse macht, gnadenlos marschiert und mindestens einmal aufhorchen lässt. Hoppla, was passiert denn jetzt? Es soll sich zeigen, dass das nur der Aufgalopp ist.

Denn wer bei "Lightning strike" nicht alles, was sich gerade in der Nähe befindet, in Grund und Boden pogen möchte, hat den Metal nie geliebt. Oder so ähnlich. Was für Hooks, was für ein Refrain – was für ein Ohrwurm! Und bereits jetzt wird klar, dass Neu-Gitarrist Richie Faulkner nach seinem Einstieg 2011 endgültig angekommen ist, mit dem Kollegen Glenn Tipton perfekt harmoniert und dabei extrem songdienlich agiert. Das Ergebnis sind Stücke wie das barbarisch stampfende "Evil never dies", "Necromancer", das im Refrain mit einem kleinen Gruß an King Diamond glänzt, oder das hymnische "Rising from ruins". Die beste Leistung des Songschreiber-Trios Faulkner, Tipton und Halford jedoch ist es, mit den Melodieführungen dem altersbedingt nicht mehr ganz taufrischen Stimmumfang des auch schon 66 Jahre alten Frontmanns Rechnung zu tragen. Und dass Halford immer noch zu großartigen Leistungen imstande ist, war zuletzt mit seiner einzigartigen "Painkiller"-Performance auf dem Wacken Open Air 2015 zu bewundern.

In genau dieser Mischung entfaltet sich ein Album, das Potenzial zum Klassiker hat. Nun wissen wir ja in Bezug auf Legenden und ihre Verklärungen, dass solche Superlative mit größter Vorsicht zu genießen sind. Doch nach unzähligen Durchläufen findet sich immer noch kein Song, den man mit leichter Hand als Füllmaterial wegsortieren würde, der Euphorie-Pegel bleibt konstant hoch. Wie sehr sich Judas Priest ihrer Verantwortung gegenüber ihrem eigenen Erbe bewusst sind, zeigt das Artwork, dass nun wirklich mühelos als Hommage an "Screaming for vengeance" erklärbar ist. Doch ein anderes Album kommt ebenfalls immer wieder in den Sinn. Es ist "Painkiller", der große Befreiungsschlag 1990. Nun wäre es vermessen, "Firepower" mit dieser Göttergabe auf eine Stufe zu stellen. Aber ganz im Ernst und im Vollbesitz aller geistigen Kräfte: Seit jenem Album ist es Judas Priest nicht mehr gelungen, eine derart starke, in sich schlüssige, schlicht großartige Platte zu produzieren. Die Götterdämmerung ist jedenfalls bis auf weiteres verschoben.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Lightning strike
  • Necromancer
  • Rising from ruins
  • No surrender

Tracklist

  1. Firepower
  2. Lightning strike
  3. Evil never dies
  4. Never the heroes
  5. Necromancer
  6. Children of the sun
  7. Guardians
  8. Rising from ruins
  9. Flame thrower
  10. Spectre
  11. Traitors gate
  12. No surrender
  13. Lone wolf
  14. Sea of red
Gesamtspielzeit: 58:24 min

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Judas (Denunziant)

2019-08-09 13:48:55

Lass jucken Kumpel!

Ulrich Kowalski

2019-01-12 23:31:59

Play in Gelsenkirchen Germany

kapomuk

2019-01-01 23:10:21

"Evil never dies" – hinter solche Texte werde ich wohl nie kommen. Davon ab sind die Songs gut und virtuos gespielt, der Gesang ist Gesang.

Durch die Blume

2018-03-13 08:09:37

wenn interessiert das robert g. blume? hast du so deine 234 beiträge zusammen bekommen in threads, deren genre du sowieso nicht magst?

Dom

2018-03-13 07:02:40

Wunderbarer Classic-Metal, bei dem man sich als Hörer auch hin und wieder selbst mal nicht so ernst nehmen darf ;-)

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