Haze - Die Zwielicht LP

Alte Schule / Universal
VÖ: 16.02.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Streets of Karlsruh'

"Schöner Tag noch", wünscht die Bäckereifachverkäuferin. Ja, den Akkusativ, den haben sie nicht drauf, die Karlsruher. Als Exilfranke in der Fächerstadt zuckt dem Rezensenten da schon hin und wieder die Hand und doch hat er in seinen sechs Jahren in der badischen Großstadt die Eigenarten der Einheimischen ins Herz geschlossen. Auch Haze kommt von hier, war nur mal eine Weile in Freiburg, im Herzen aber war er immer "76er". Und obgleich sich die Lebensrealitäten von David Bošnjak und Pascal Bremmer deutlich unterscheiden – ersterer Pitbull-Besitzer, letzterer eher der Golden-Retriever-Typ –, so treffen sie sich doch in der Mitte und die heißt schlicht und ergreifend: "HipHop".

"Mit Rap nach 2000 kann ich kaum etwas anfangen", erklärte Haze zur Veröffentlichung seines Albums "Guten Abend, HipHop ..." gegenüber Noisey. Während das 2016er-Werk jedoch hier und da noch den Fokus verlor, bringt "Die Zwielicht LP" modernen Old-School-Rap auf den Punkt. Dabei stand der düstere Eastcoast-Sound der Neunziger ganz klar Pate. Bevor man Haze aber Ideenlosigkeit vorwirft, sollte man sich dem hypnotischen Sog seines zweiten Studioalbums erst einmal verschließen. Quasi unmöglich. Während andere Hustensaft schlürfen, setzt Haze auf das gute alte Weed, pumpt BoomBap statt Trap, flowt wahnsinnig unaufgeregt über die Beats und beweist Gespür für furchtbar eingängige Hooks, etwa in "9er (feat. Bozza und Svaba Ortak)" oder auch in "Becher und Blunt". Man darf da ruhig an Mobb Deep denken. Dazu der badisch gefärbte Jugo-Slang, der nicht nur Wiedererkennungswert schafft, sondern den Lines des kroatisch-deutschen Rappers schlichte Glaubhaftigkeit einimpft.

Tatsächlich, konstruiert wirkt auf "Die Zwielicht LP" gar nichts, stattdessen schildert Haze abgebrüht seinen Alltag, kündigt in "Unten an der Ecke" gemeinsam mit Nate 57 "Musik für die Diebe und die Räuber" an, erzählt unter anderem in "Leise" wie bei ihm eingebrochen wurde und sein Hund die Situation regelte. Das erinnert an "Cereal killer" von Method Man & Redman und überzeugt mit seinem Storytelling. "Zwischen Dummheit und Bildung / ... / Zwischen Wahn und Vernunft" verortet der Rapper seine Songs im Intro von "Es geht los", bis bedrohliche Saiten den Beat anrollen lassen. Die Gitarre spielt auch in "Weisch weisch" eine zentrale Rolle, dessen Text von Diesdas, Geschäften und Knarren schwadroniert und dabei beklagt, dass einen nur noch "Mittäter statt Freunde" begleiten. Die Scratches am Ende des Tracks runden den Sound ab, genau wie sie es in "Einmal Karlsruhe, immer Karlsruhe" tun.

Im Sido-Feature "Stara skola" sorgt ein leierndes Piano für Anspannung, im Selbsttherapie-Track "Kopffick" tickt es unaufhörlich wie die Uhr. Letzteres ist dabei wohl das zentrale Stück des Albums, denn es offenbart Hazes Gemütszustand wie kein anderes. Wenn andere Rapper hochkochen und aggressiv spitten und wieder andere sich euphorisch dem Konsum widmen, ist der Lösungsweg des Karlsruhers eine smoothe Akzeptanz. An sich ist alles entspannt, genau wie der Pitti des Rappers in "Kletter nicht durchs Fenster rein", der erst anschlägt, wenn er Angst wittert. So ist "Die Zwielicht LP" als musikalisierte Warnung zu verstehen. Fraglich, ob der Rezensent Haze zu nächtlicher Stunde auf den Straßen Karlsruhes begegnen möchte. Seine Musik mögen kann er aber so oder so.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Leise
  • Weisch weisch
  • 9er
  • Kopffick

Tracklist

  1. Zwielicht (Intro)
  2. Leise
  3. Es geht los
  4. Fluch (feat. EazyOno)
  5. Becher und Blunt
  6. 9er (feat. Bozza und Svaba Ortak)
  7. Ost Boys (Skit 1)
  8. Weisch weisch
  9. Ohne Chorus
  10. Schreibe mein Schicksal (feat. Svaba Ortak und Arnar)
  11. Einmal Karlsruhe, immer Karlsruhe
  12. Unten an der Ecke feat. (Nate 57)
  13. Stara skola (feat. Sido)
  14. Ost Boys (Skit 2)
  15. Kopffick
  16. Kletter nicht durchs Fenster rein (feat. EazyOno)
  17. Erzähl mir nix (Outro)
Gesamtspielzeit: 48:59 min

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Armin

2018-03-08 22:06:25- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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