Loma - Loma
Sub Pop / CargoVÖ: 16.02.2018
Scheiden tut gut
Es mag eine Binsenweisheit sein, aber: Musik verbindet. Beim Konzert, im Club oder im Plattentests.de-Forum, wenn sich die User mal wieder freundlich anpflaumen. Emily Cross und Dan Duszinsky alias Cross Record und Jonathan Meiburg von Shearwater werden zustimmen: Als die zusammen auf Tour waren, verstanden sich die drei Amerikaner auch künstlerisch so gut, dass sie Loma ins Leben riefen. Auch Cross und Duszinsky hatten sich über die Musik kennengelernt und sogar geheiratet – was aber nur eine Seite der Geschichte ist: Die Aufnahmen zum Loma-Debüt endeten nicht nur mit einem Album voll melancholisch-düsterem Indie-Pop, sondern auch mit Cross' und Duszinskys Scheidung. Die Zukunft von Cross Record ist folglich ungewiss – die des frisch gegründeten Trios dürfte ungleich rosiger aussehen.
Selbst wenn "Loma" mit dem im Beziehungs-Sinne offensichtlich wenig erfreulichen, sachte aber unheilschwanger geklampften "Who is speaking?" eröffnet, das kurz Streicher aufheulen und Cross fragen lässt: "What does the night have to do with the day?". Kein esoterisches Geschwafel der Sorte, für Träumer sei die Nacht die einzig wahre Tageszeit, sondern womöglich die gleiche böse Vorahnung zwischenmenschlicher Unvereinbarkeit, wie sie auch der akustische Piano-Taumel "I don't want children" im Titel trägt. Dass Loma sich selbst und ihre Musik vorrangig mitnichten betrauern, wird jedoch schnell klar. Etwa bei den rauen Rhythmen von "Dark oscillations", die Cross mit traumhafter Gesangsmelodie beschwichtigt, oder in "Joy", wo sich Anrufungen im Daughter-Stil mit den zeitlosen Aspekten des TripHop versöhnen.
Cross' Stimme und Duczynskis zumeist unwägbares Schlagzeug verleihen den Stücken dabei trotz der harmonischen Grundstimmung eine ungreifbare, aber omnipräsente Spannung. Meiburg tut das Seine und kleidet sie mit spröden Pianos und flächig brandenden Akustikgitarren aus, wobei die Naturverbundenheit des studierten Ornithologen mittels Feldaufnahmen von Vogelgezwitscher und Hundegehechel auch hier zum Ausdruck kommt – so im unruhig polternden "White glass", nachdem Cross im Video zur knorrigen Uptempo-Single "Relay runner" kurz zuvor noch unbekümmert über einen Geschicklichkeits-Parcours für Vierbeiner gehüpft ist. Eine treffliche Beschreibungsebene für die Art, wie "Loma" oft hinreißend leichtfüßig zwischen Folk, Torch-Song und unsanftem Gerumpel hindurchtänzelt.
Spurenelemente von Shearwater finden sich allenfalls in vereinzelter "Quiet Americans"-Tanzbarkeit oder beim Instrumental "Jornada", das sich ein ungemütliches Riff leistet. Ansonsten beherrscht Cross das Geschehen jederzeit, wenn sie über emotionale Bande und die Notwendigkeit des Loslassens meditiert – und vor allem im so beschwörenden wie betörenden Abschluss "Black willow" verdeutlicht, wie ernst es ihr mit diesen Reflexionen ist: "I carry a diamond blade / When you said serve you I will not / And I'm living on." Eine wunderbare Downbeat-Kostbarkeit, die am Ende lediglich aus einem hypnotischen Choral zu bestehen scheint und bei der Easy Listening nur funktioniert, wenn man die Worte von ihrer Bedeutung löst – das stolze Finale eines vorzüglichen Albums, nach dem der Hörer weiß: Scheiden muss nicht immer weh tun. Zumindest nicht ausschließlich.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Dark oscillations
- Joy
- Relay runner
- Black willow
Tracklist
- Who is speaking?
- Dark oscillations
- Joy
- I don't want children
- Relay runner
- White glass
- Sundogs
- Jornada
- Shadow relief
- Black willow
Im Forum kommentieren
Armin
2018-03-02 13:58:30- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
Gomes21
2018-02-17 19:58:20
kann man übrigens bei Bandcamp komplett hören
https://lomamusic.bandcamp.com/album/loma
Gomes21
2018-02-17 13:59:14
ja, absolut top was ich bis jetzt gehört habe.
musie
2018-02-17 12:59:25
und SUB POP meistens auch ein gutes Indiz...
musie
2018-02-17 12:58:34
Richtig richtig gut!! Gefällt mir gerade auch total...
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