Kissing Clouds - You

Kissing Clouds / Recordjet
VÖ: 23.02.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Heiter bis wolkig

Der Spagat zwischen Experimentierfreudigkeit und solidem Songwriting ist alles andere als einfach. Er kann sogar richtig wehtun. Die Berliner Combo Kissing Clouds schafft diesen Spagat nicht nur mit Leichtigkeit, sondern zusätzlich noch mit einem schelmischen Lächeln im Gesicht. Während sich schon so manche namhaften Profis bei diesem Kunststück einen kreativen Leistenbruch zuzogen, zeigen Kissing Clouds, wie locker die Nummer gelingen kann. Alles, was man braucht, ist jugendlicher Leichtsinn, Spaß und wohl auch eine gewisse Ahnung von Musik. Dass diese Band all diese Eigenschaften besitzt, dürfte nach dem Hören von "You" jedem klar sein. Hier kommen Freude, Kreativität und Talent zusammen und schaffen ein Album, das derart charmant daherkommt, man möchte es glatt in den Arm nehmen.

Musikalisch irgendwo zwischen Alternative und Indiepop, Folkeinflüssen hier, Avantgarde dort, ist "You" ein Sammelsurium aller möglichen Einflüsse. Von Song zu Song präsentieren die Hauptstädter neue Ideen und zeigen sich so als sehr wandelbar. Das ganze klingt aber ganz und gar nicht willkürlich oder beliebig, nein, dafür sind die Stücke einfach zu gut. Es ist schwer zu sagen welcher Sound der Band am besten zu Gesicht steht, viel zu gekonnt gehen sie mit allen Elemenen auf ihrem zweiten Longplayer um. Gleich zu Beginn der Platte spielen uns Kissing Clouds mit "Preowned" einen zu Anfang poppigen Track vor, der durch eine theatralische Geigenmelodie radikal an Tiefe gewinnt, zur Mitte hin heftig stampft und sich plötzlich zum dramatisch anmutenden Finale hin komplett umbaut.

"Melodies always stand in the foreground. At times happily off key", sagt die Band selbst über ihre Musik. Da ist was dran, besonders was das Verhältnis zu Tönen angeht: Völlig unverkrampft und dadurch auch nicht aufdringlich wechseln Kissing Clouds auch schonmal die Tonart oder bauen neue Sprossen in die Tonleiter ein, wo vorher keine waren. Von dieser Freiheit, die sich die Band beim Songwriting genommen hat, lebt "You". Der langsam startende Titeltrack beweist die Experimentierfreudigkeit des Quartetts: Gitarre und Gesang schweben über einem Nebel aus Feedback-Sounds und Gitarrensolo, plötzlich setzten Chorstimmen ein und lassen die Komposition wie ein Gospelstück erscheinen. Die Mischung funktioniert so gut, dass dieses Konzept für einen ganzen Song herhalten könnte. Aber bevor man diesen Gedanken zu Ende gebracht hat, fliegen einem schon die Synthesizer um die Ohren. Kissing Clouds haben keine Zeit sich auszuruhen. Jeder Erwartung an ihre Musik einen Schritt voraus, bauen sie ihre Songs plötzlich um und erschaffen so wirklich einzigartige Stilmixturen.

Die Arrangements dieser Mixturen sind meist überraschend, aber immer rund. Und sehr unterhaltsam sind sie sowieso. Zwischen experimentelleren Stücken finden sich auch konventionellere Songs wie "I don't think", in welchem der Gesang, im Gegensatz zu weiten Teilen des Albums, exklusiv von Sängerin Clara vorgetragen wird, und das weniger von einer ungewöhnlichen Liedform lebt, als von der Stimmung, die es erzeugt. Die meisten Songs werden primär von Gitarrist Tom gesungen. An vielen Stellen jedoch regiert zweistimmiger Gesang, was nicht nur gut klingt, sondern auch, wie im finalen "Every once", angenehm an zeitgenössische Folk-Duos erinnert. "You" vereint mit solcher Leichtigkeit einen gigantischen Kosmos an Einflüssen und Ideen, so manche Band hätte daran zerbrechen können. Dieses Experiment aber ist mehr als geglückt.

(Christopher Padraig ó Murchadha)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Easy
  • You

Tracklist

  1. Preowned
  2. Ring fight
  3. Easy
  4. I don't think
  5. You
  6. Weary heart
  7. Every once
Gesamtspielzeit: 45:01 min

Im Forum kommentieren

Anni84

2018-02-27 23:58:43

Ich finds richtig gut, ist aber eher nichts fürs nebenbei hören, dafür passiert da einfach zu viel. Mir gefällts!

MasterOfDisaster69

2018-02-27 19:05:34

Schulenglisch 8/10
Der Rest 2/10

macht 5/10 im Schnitt. Nicht schlecht.

Micha

2018-02-26 15:17:04

Gerade auf Bandcamp durchgehört, ist ja mal ziemlich geil. Erinnert manchmal bisschen an Bedroom Walls aber insgesamt schwer zu verschubladen. Von mir 9/10...

Armin

2018-02-23 20:39:50- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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