The Breeders - All nerve

4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 02.03.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Cool as Kim Deal

Kim Deal müsste man sein. Dann bräuchte man als Säulenheilige des Grunge nicht einmal Angst haben, dass einen Courtney Love dumm von der Seite anmacht, wäre mit dem halben Adressbuch von Steve Albini befreundet, und alle würden den Boden verehren, auf dem man wandelt. Gut, zumindest Letzteres ist vielleicht etwas übertrieben. Dennoch sinnierte Courtney Taylor-Taylor von The Dandy Warhols bereits 1997, er wäre gern so "Cool as Kim Deal" und immerhin entblödete sich die angesprochene Frau aus Ohio nicht, bei den eher zwiespältigen Pixies-Comebackalben "Indie Cindy" und "Head carrier" mitzutun – und ein neuer Longplayer von The Breeders ist schon allein dank ihrer Person stets ein Ereignis. Erst recht, wenn auf "All nerve" das 1993er Line-Up vom Klassiker "Last splash" wieder vereint ist.

Vergessen also die Zeiten, als Deal aufgrund übersteigerter Qualitätsansprüche noch reihenweise Musiker feuerte und einen Produzenten nach dem anderen verschliss – selbst wenn unter diesen widrigen Umständen noch ein Album wie "Title TK" herauskam. Das ausgelassene "Good morning!", das sie dem Hörer zu Beginn der ersten Single "Wait in the car" entgegenschmettert, zeugt nun von einer Art neu- oder vielmehr wiedergefundenen Aufgeräumtheit, die in steifes Uptempo samt dynamischem Gitarren-Dialog und hyperaktivem rhythmischem Rollkommando mündet. Vorwerfen könnte man diesem knackig abzischenden Flitzer höchstens, dass er eine Spur zu deutlich vom gleichen Reißbrett stammt, an dem weiland "Huffer" oder "Saints" entstanden – man kann aber auch einfach zwei Minuten lang das Haupthaar schütteln.

Man sollte sogar, denn in der Folge erweist sich "All nerve" gemäß im Titel festgeschriebenen Gereiztheit als mitunter düster brodelndes Werk an der Schnittstelle von Post-Grunge und verschlepptem Alternative Rock. Den Fachmann für Letzteres gibt hier erneut Albini, der das Titelstück vom nur scheinbar harmlos zu Josephine Wiggs' knorrigem Brummelbass daherrumpelnden Talking-Blues allmählich zum kleinen Noise-Batzen aufpumpt. In ähnlichem Sinne stapft das mit geisterhaft verhallenden Schlägen und spukigen Twangs vollgestopfte "MetaGoth" wuchtig vorwärts und trifft später auf "Walking with a killer", das in der Dunkelheit beunruhigend mit Jim Macphersons schwer zu fassendem Schlagzeugspiel und sirrenden Harmonien hantiert. "No one's here to stay", bangt Deal dazu – "except for us", möchte man hinzufügen.

Zumal "All nerve" auch in der zweiten Hälfte nicht an Intensität nachlässt: "Howl at the summit" zeigt die 56-Jährige zusammen mit Schwester Kelley im besonders kratzbürstigen Schabe- und Quietsch-Duell auf der Sechssaitigen, die bereits live erprobte Coverversion von Amon Düül IIs "Archangel's thunderbird" sägt mit mächtigem Riff an den Fundamenten von Space Rock und Kraut und offenbart dabei sogar eine gewisse strukturelle Verwandtschaft mit dem Evergreen "Cannonball". Es ist der einzige Part dieses Albums, wo bei den einst von Alkohol und Drogen gebeutelten Deal-Geschwistern Substanzen eine Rolle spielen – und das rein musikalisch, versteht sich. Auf den Punkt komponierte und produzierte eigene Songs wie das eruptive "Skinhead #2" benötigen nicht einmal solche, sondern nur The Breeders. Und Kim Deal natürlich. Coole Sache.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Wait in the car
  • MetaGoth
  • Archangel's thunderbird
  • Skinhead #2

Tracklist

  1. Nervous Mary
  2. Wait in the car
  3. All nerve
  4. MetaGoth
  5. Spacewoman
  6. Walking with a killer
  7. Howl at the summit
  8. Archangel's thunderbird
  9. Dawn: making an effort
  10. Skinhead #2
  11. Blues at the Acropolis
Gesamtspielzeit: 34:01 min

Im Forum kommentieren

Affengitarre

2018-10-05 09:56:34- Newsbeitrag

öde

2018-03-17 14:34:23

Klingt wie ne Schülerband.

Hogi

2018-03-16 19:57:19

Erschreckend langweilig und ideenlos. Da bevorzuge ich doch lieber die letzten Pixies-Alben.

Kim yung deal

2018-02-27 20:56:23

Wie immer vom feinsten!

Mmh naja

2018-02-25 16:51:58

Es soll ja Leute gegeben haben, denen die Pixies-Alben nach der Reunion gefallen haben. Die werden bestimmt auch an diesem Album Gefallen finden.

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