Dan Billu - Speech bubbles

IMU / Optical / Kontor / H'art
VÖ: 23.02.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Stadtkammermusik

Dan Billu ist ein Stadtmensch. So erzählt er es zumindest, und seine Vita scheint das zu bestätigen: Nachdem ihm seine Heimatstadt Tel Aviv zu klein geworden war, zog der Songwriter 2013 nach Berlin – für ein neues Umfeld, neue Inspirationen. Und natürlich, um mehr Musik zu schreiben und aufzunehmen, nachdem sein 2012 erschienenes Debüt "New haircut" vor allem in Israel hohe Wellen schlug. Da "Speech bubbles" nun satte sechs Jahre später erst erscheint, merkt man, dass Billu sich lieber Zeit lässt für die Dinge. Das ist auch in seiner Musik zu hören, die sich lieber im eigenen Bewusstseinsstrom treiben lässt, anstatt einem festen Plan zu folgen. Für kompakte Hits hat der 34-Jährige ebenso wenig übrig wie für ambitioniert ausgetüftelte Epen. Vielmehr besitzen seine Songs einen frischen Jam-Charakter, wie er entsteht, wenn sich ein paar Freunde mit Kammermusikinstrumenten zusammensetzen und mal gucken, was dabei herauskommt.

Das Ergebnis findet dann irgendwo zwischen Akustik-Rock, Jazz und sanfter Minimalelektronik statt. Schwer greifbar, aber doch nie kompliziert. Bei all der Lässigkeit ist es kein Wunder, dass "Improve.self" mit seiner stotternden Computerstimme eher wie eine Parodie auf den Selbstoptimierungswahn daherkommt, anstatt diesen zu unterstützen. Die verschlafenen Vocals und kunterbunte Percussion haben jedenfalls andere Flausen im Kopf. "Eliya" hat sich das Tapsen der Streichersaiten direkt aus einem alten Disney-Stummfilm abgeschaut. Überall auf "Speech bubbles" klickt und knistert es außerdem unerwartet in den Ohren, was die Platte vor allem auf Kopfhörern zur Entfaltung bringt. Die lohnen sich ohnehin aufgrund der glasklaren, transparenten Produktion, welche nur in scheinbarem Widerspruch zu den leicht verpeilt anmutenden Strukturen steht. Billu kann ja, wenn er will. "Stuntmen" erhöht beinahe unbemerkt die Lautstärke, bis man sich unvermittelt in einem intensiven Höhepunkt wiederfindet. Und "Fleet" verzückt ganz und gar mit einer schönen Melodie und der Klavier-Arpeggios, die stets eingestreut werden.

Eher wenig verwunderlich ist nach alldem, dass als Single "Fwyl & liky" nicht nur mit einem kruden Titel und einem noch kruderen Video als erster Schritt nach vorn geschickt wurde, sondern auch musikalisch höchstens ein minimales Mantra als Hook anbietet. "Did you really mean love?", wird mehrfach in den Raum gefragt, bevor die Coda antwortet: "I really mean love." So geradlinig ist es textlich jedoch oft nicht bei Billu. "Guarding the threshold of your house / As part of my engagement with my mouth" sind die ersten Worte im zunehmend rastlosen Opener "First", auch "Swimming in a wheelchair is harder than my bones" ist eine Zeile, die mehr Rätsel als Antworten gibt. Wichtig sind die Bilder, die zusammen mit der Musik erzeugt werden, und in Sachen Atmosphäre ist "Speech bubbles" da wie schon sein Vorgänger stellenweise brilliant. Dass die Intensität nicht über komplett 40 Minuten auf dem hohen Level der Highlights bleibt, kann eigentlich nur der Überdosis Coolness aus Berlin geschuldet sein. Stadtmenschen halt.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Improve.self
  • Fleet
  • Fwyl & liky

Tracklist

  1. First
  2. Eliya
  3. Improve.self
  4. Decadence
  5. Stuntmen
  6. Fleet
  7. Fwyl & liky
  8. My good old skin
  9. Choirboy
Gesamtspielzeit: 40:01 min

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Stephan

2018-02-15 21:23:48- Newsbeitrag

Die Rezension ist online - und zwar hier.

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