All The Luck In The World - A blind arcade
All The Luck In The World / Rough Trade / FinetunesVÖ: 23.02.2018
Im Zweifel für den Mut
Natürlich stimmt der Spruch so nicht und natürlich ist gerade all das, was in Sachen Folk durch irgendwelche Zufälle, oder – sagen wir mal – Trivago-Werbespots die Aufmerksamkeitsspanne einer breiteren Masse erreicht, oft ziemlich weit entfernt von dem, was man gemeinhin mutig nennt. Man nehme zur Beweisführung nur Mumford & Sons, die nach "Sigh no more" eigentlich nichts mehr auf die Kette gebracht haben, an das man sich langfristig erinnern möchte. Und sogar der geschätzte Ben Cooper alias Radical Face, der, wie es der Zufall so will, auch schon mal einen Werbespot untermalen durfte, hat in letzter Zeit in Sachen Trefferquote ein ganzes Stück Federn gelassen. Keine guten Voraussetzungen also für All The Luck In The World, die jetzt mit ihrem Zweitling "A blind arcade" vorstellig werden.
Schließlich war das Debüt schon mit dem Makel behaftet, nicht mehr als eine Ansammlung ganz hübscher Songs zu sein, die ohne dieses "Never" wohl bestenfalls den Weg in ein paar ausgewählte Plattensammlungen gefunden hätte. Eben eines der vielen, vielen Indiefolk-Alben, schön und ein bisschen beliebig. Man möchte sich schon zum Triumph aufplustern, wenn man nun "A blind arcade" zum ersten Mal über den Weg läuft, doch wie so oft bleibt einem das vorschnelle Urteil schon beim eineinhalbten Blick im Halse stecken. Die Worte "Ich hab's ja gleich schon gewusst" kann man sich sparen und sich freuen, dass die Herren Neil Foot, Kelvin Barr und Ben Connolly beim zweiten Anlauf Bock auf etwas mehr hatten. Das bedeutet, dass auf "A blind arcade" alles ein wenig ausformulierter daher kommt, mit mehr Fundament in der Produktion, mit ein paar zusätzlichen eingespielten Spuren und einem allgemein breiteren Sound. Das aber meint wiederum nicht, dass hier im Vitalis-Style weniger für mehr verkauft wird.
Im Gegenteil, die simple Tatsache, dass man sich dieses Mal nicht nur ein wenig mehr Zeit für das eigene Schaffen genommen hat, sondern im Vorfeld gleich einen abgelegenen Schuppen zum Studio umgebaut hat, um in Ruhe Songs schreiben zu können, tut den Songs hörbar gut. Die mehr oder weniger zerbrechliche Gitarrenfigur als Songwriting-Leitfaden hat auf "A blind arcade" überraschend oft ausgedient, es dominiert der Mut zum sanften Experiment. Zwar mag der gelungene Vorbote "Contrails" in manchen Ohren noch sehr auf Nummer-Sicher-Folk setzen, der Rest des Albums folgt dieser Marschrichtung jedoch nur vereinzelt. Der Opener "Landmarks" spannt seine Hörer geradezu lustvoll auf die Folter, das sachte vorgetragene "Pages" holt sich schüchterne Streichinstrumente ins Boot, verleitet unter der Oberfläche zum Einsatz solch unsäglicher Vokabeln wie "pluckern" und ist vor allem ein butterweicher Herbstblues-Trostspender. Funktioniert natürlich auch jahreszeitunabhängig hervorragend.
Ganz zum Schluss wartet noch "Abhainn", das sich seiner Verantwortung als Rausschmeißer wohl bewusst ist und genau deshalb das Trio nochmal zur Hochform auflaufen lässt. Das ist unverschämt eingängig, ohne aber formelhaft oder gar nach Baukasten zu klingen. Womit die größte Stärke dieser etwas merkwürdigen Platte benannt ist: Alles ist erst mal nett, alles läuft schnell durch und ist doch interessant genug, um nochmal ein Ohr zu riskieren. Beim zweiten Hinhören wird deutlich, wie viel Mühe und Detailversessenheit in "A blind arcade" versteckt ist. Vom Folk-Malen-nach-Zahlen ist dieses Album überraschend weit entfernt. Das bezahlt die Band mit dem Fehlen eines offensichtlichen Hits. All The Luck In The World haben sich entschieden, den eigenen Sound einen kleinen Schritt zu entwickeln, ohne den einfachen Weg zu gehen. Ein mutiges Album.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Pages
- Into the ocean
- Abhainn
Tracklist
- Landmarks
- Pages
- Golden october
- A thousand eyes
- Starboard
- About the ghosts
- Contrails
- Moon
- Into the ocean
- High beams
- Abhainn
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Stephan
2018-02-15 21:22:37- Newsbeitrag
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