Born Ruffians - Unkle, duke & the chief

Paper Bag / Membran
VÖ: 16.02.2018
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Endlich wieder erwachsen

Immer dieser Druck, etwas ganz Besonderes zu sein zu müssen. Man kommt ja kaum mehr hinterher, mit welcher Band, welcher Micro-Brewery und welcher Frisur man sich noch den Pionierorden anheften kann, und welche popkulturellen Phänomene längst zur neuen Uniform der Alternativen avanciert sind. Born Ruffians entsagen auf "Uncle, duke & the chief" diesem Druck ganz bewusst. Nach Jahren, in denen sie bang nach einem innovativen Sound suchten, experimentierten, viel Zeit investieren um am Ende doch vor allem vermeintlich innovativeren Bands nachzueifern, hatten sie das Gefühl, sich von ihrer eigenen Musik zu entfremden – das führte geradewegs in eine Identitätskrise. Doch plötzlich kehrte Schlagzeuger Steve Hamelin nach Abschluss seines Studiums wieder zurück in die Band – das genügte, um den Weg zu den Wurzeln zu finden, zu der Zeit, als die drei Freunde gerade begonnen hatten gemeinsam Musik zu machen und ohne viel nachzudenken einfach drauf los spielten.

Auf dem Album kann man ihnen die Erleichterung anhören, wieder aus dem Bauch heraus anstatt mit dem Kopf zu komponieren. Die zehn Songs sind unkomplizierte Bausätze aus handlichen Melodien, prägnanten Refrains, vielen Handclaps und der mit Hingabe angeschlagenen Akustikgitarre von Bandchef Luke Lalonde. Wenn das knappe Material ausgereizt ist, hält der Song einfach an, anstatt noch drei Runden um den Block zu fahren. "Ring that bell" ist ein schönes Beispiel für einen Titel ohne viel Schnickschnack – ein aus einer Zeile bestehender Refrain, eine mit dominantem Bassspiel etwas hinausgezögerte Strophe, eine melodische Bridge, dann die gleiche Abfolge noch mal, und fertig ist die Laube. Darin sitzen Born Ruffians und trinken vergnügt Dosenbier wie dazumal.

Trotz der wiedergefundenen Unbeschwertheit spielt das nachdenkliche Element eine große Rolle. Gerade durch den großen Akustikanteil wirken manche Songs etwas folkig, so auch der Opener "Forget me". "Miss me" ist schon deutlich schmissiger, die inbrünstigen Lyrics samt Background-Chor spinnen den Folk-Faden aber noch ein bisschen weiter. "Fade to black" legt noch mal eine Schippe tanzbarer Beats oben drauf, zu "Tricky" stampft endlich ein Cheerleader-Team im Marschschritt durch den Raum. Es gibt aber auch tiefgründige Momente - wie wenn Lalonde in "Spread so thin" seinem krebskranken Vater noch mal als jungem Mann begegnet und über das Altern und das unaufhaltsame Verstreichen der Zeit sinniert. Oder wenn er in "Working together" die Schwierigkeiten der Familienplanung besingt. Mit einfachen Mitteln schafft die Band drum herum eine Dreampop-Atmosphäre mit einem Hauch 80er-Psychedelik. Anscheinend können Born Ruffians auch neue, erwachsene Themen mit bewährten Mitteln ganz gut in Musik übersetzen. Damit gewinnt man vielleicht keine Grammy-Nominierung und erst recht nicht den Titel des Albums der Woche bei Plattentests.de. Aber man muss sich wohl damit abfinden, dass das die Jungs einfach nicht mehr juckt.

(Eva-Maria Walther)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Forget me
  • Miss you
  • Fade to black

Tracklist

  1. Forget me
  2. Miss you
  3. Side tracked
  4. Fade to black
  5. Love too soon
  6. Spread so thin
  7. Tricky
  8. Ring that bell
  9. Working together
Gesamtspielzeit: 30:28 min

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Armin

2018-02-08 20:32:24- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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