Great Collapse - Neither Washington nor Moscow ... again
End Hits / CargoVÖ: 26.01.2018
Und nun?
Da schau her, ein Lebenszeichen von Thomas Barnett. Den hatte man fast vergessen, so viel Zeit ist inzwischen seit der letzten Strike-Anywhere-Platte "Iron front" vergangen. Warum eigentlich? Was hat dieser Barnett in der Zwischenzeit alles getrieben? Zum Beispiel Great Collapse auf die Beine gestellt und damit nicht nur irgendein popeliges Nebenprojekt, sondern gleich eine waschechte Supergroup, wie man heutzutage so sagt. Chris Chasse ist mit von der Partie, der schon als Gitarrist bei Rise Against die Tourhandtücher vollgeschwitzt hat, Todd Henning von Death By Stereo kümmert sich ums Schlagzeug, Joe Saucedo von Set Your Goals ist am Bass, und At-Risk-Gitarrist Tom Arnott hat man auch mit eingepackt. Und natürlich besagten Thomas Barnett. So weit, so gut. Bleibt die Frage: Warum eigentlich diese Supergroup-Litanei?
Nun, weil allein die Tatsache, dass man es bei "Neither Washington nor Moscow ... again" schon mit dem zweiten Album der Band zu tun hat, zeigt, wie wenig Staub diese doch bekannten Punkrock-Namen nur noch aufzuwirbeln vermögen. Womit das Problem benannt ist, das dieses Album während jeder seiner gut 36 Minuten begleitet: Barnett & Co. haben große Anliegen, wollen gar Utopien vermitteln, allein es fehlen die Mittel, diese unter die Leute zu bringen. Dabei ist "Neither Washington nor Moscow ... again" keineswegs ein schlechtes Album. Im Gegenteil, im Prinzip erlaubt sich das Quintett vom Türeintreter "A tale of two cities" bis zum Schlusstrack "Escape velocity" keine nennenswerten Schwächen oder gar Fehltritte. Die Melodien gehen gut rein, die Band verzichtet auf unnötigen Schmuck am Nachthemd, und Barnett schmeißt sich mit genug Einsatz in die Songs, um das Herz für die Sache glaubhaft zu machen. Routiniert bis in die Haarspitzen eben. Mit "Pretty wreckages" gelingt der Band sogar ein hübscher kleiner Hit. Trotzdem bleiben die Hunde dieser Welt hinter den Öfen dieser Welt liegen. Weil Barnetts Hauptband schon vor Jahren den weisen Titel "Change is a sound" ausgepackt hat und dieses Album von Veränderung weiter entfernt ist als – sagen wir mal – Pennywise.
Es ist fast tragisch, wie wenig sich seit "Change is a sound" aus dem Jahre 2001 offensichtlich verändert hat. Über wirklich jedem Song schwebt der bedrohliche Schon-mal-so-gehört-Stempel, hinter jeder Zeile lauert die traurige Ahnung, dass sie die Welt wohl kein Stück weit verändern kann. Und von Zeit zu Zeit, zum Beispiel, wenn "Who makes" zu Melodic-Hardcore von der Stange überproportional oft das Wort "Nazi" in die Runde wirft, fragt man sich, ob man sich nicht versehentlich doch in eine Strike-Anywhere-B-Seite verlaufen hat. Den größeren Melodic-Hardcore-Bands von einst ist wohl endgültig die Kraft ausgegangen, so scheint es zumindest beim Blick auf dieses Album. Was bleibt, ist der Respekt für die Aufrichtigkeit und Konsequenz, mit denen Great Collapse weiterhin für ihre Sache einstehen, anstatt wie manch andere Band irgendwelchen Mittelschichtkids eine rebellische Attitüde zu verkaufen. Und die Gewissheit, dass diese elf Songs keine Antworten bereit halten werden, für all jene, die danach verlangen. "Neither Washington nor Moscow ... again" wird gerade live für viele gute Momente sorgen, ansonsten aber wohl bestenfalls als Fußnote in die Punkrock-Geschichtsbücher eingehen. Fortsetzung ungewiss. Frisch rezensiert. Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Highlights & Tracklist
Highlights
Tracklist
Gesamtspielzeit: 31:36 min
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Armin
2018-01-18 21:57:54- Newsbeitrag
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