Camila Cabello - Camila

Syco / Epic / Sony
VÖ: 12.01.2018
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Singles im Wettsprint

Es ist durchaus eine originelle Methode, um die Ausrichtung des eigenen Debütalbums zu bestimmen. Warum nicht einfach zwei konkurrierende Singles ins Rennen schicken und gucken, welche bei den Fans besser ankommt? So tat es Camila Cabello im vorigen Jahr. Nach ihrer unschönen Trennung von Fifth Harmony – dem Gelegenheits-Pophörer durch "Work from home" bekannt – hatten viele die Hoffnung, sie würde nun ähnlich wie einst Robbie Williams, Justin Timberlake oder jüngst Harry Styles den Karriere-Kickstart proben. Doch ihre ersten Singles "Crying in the club" und "I have questions" hinterließen trotz solider Kost keinen wirklichen Eindruck. Also gab es in der Folge eben per Parallelveröffentlichung die Gretchenfrage: das clubbige "OMG" mit Quavo vom Trap-Trio Migos und einem Charli-XCX-Cowrite oder das latino-infizierte "Havana" inklusive Young-Thung-Feature? Wer in der letzten Zeit auch nur entfernt auf Radio oder Hitparaden geschaut hat, weiß: Die Entscheidung ist mehr als eindeutig ausgefallen.

Sogar so klar, dass "OMG" nun nicht einmal auf dem schlicht "Camila" betitelten Album Platz gefunden hat, genau wie die erwähnten beiden Debüt-Singles. Ein Neuanfang durch und durch. "Havana" ist natürlich vollkommen zu Recht der Sieger des Duells und zeigt, dass sich Latin Pop in cleveren Arragements und anschmiegsamen Ohrwürmern manifestieren kann und nicht zwangsweise als "Despacito"-Grütze verenden muss. Ob es an diesem Quasi-Voting liegt, dass sich unter den zehn Songs zahlreiche weitere lateinamerikanische Klänge finden? Cabello steht dieser Touch jedenfalls ungemein. "She loves control" ist klar ein Hit, braucht aber überraschend wenige Mittel dafür. Clubtauglicher Beat, etwas südliches Flair, keinerlei Überfrachtung. Ein schlankes Klanggerüst. Überfrachtung in leidenschaftlicher Form gibt es höchstens beim grandiosen Opener "Never be the same". Nach kurzzeitig irriterendem heiserem Falsett im Pre-Chrous wird auf die Tube gedrückt und ein powervoller Killer-Refrain in die Welt geschmettert. Kein Wunder, dass dieser als weitere Single auserkoren wurde.

Warum es den bis auf eine zensierte Stelle unveränderten "Radio edit" dieses Songs am Ende noch mal brauchte, muss man aber erst mal beim ollen Geier erfragen. Klammert man diesen aus, ist "Camila" lediglich zehn Tracks und 33 Minuten lang – witzigerweise genauso wie das selbstbetitelte Album ihrer ehemaligen Band aus 2017. Beide Parteien haben es verstanden: Warum unnötig viel sagen, wenn man stattdessen im schnellen Takt zündende Ideen präsentieren kann? Überraschend ist bei der Kürze von "Camila" höchstens der relativ hohe Balladenanteil, der vor allem hinten raus die Platte etwas undynamisch werden lässt. Auch wenn "Consequences" ein besonders gelungenes Exemplar mit Klavierbegleitung ist. Und oft Gitarren, Trompeten und Bass der Vorzug über elektronische Klänge gegeben wird. "Real friends" und "Something's gotta give" sind dann aber doch mehr Ed Sheeran als Kuba, erst "Into it" geleitet dann hübsch flott aus der Platte hinaus.

"Camila" bleibt demnach am Ende ein zweischneidiges Schwert. Die Dame hat zweifelsohne Talent und ein gutes Gespür für den zu ihr passenden Sound. Ein besseres Popalbum mit starkem Latin-Einschlag hat man auch zumindest schon ewig nicht mehr gehört. Jennifer Lopez und Shakira können sich gerne ein paar Notizen machen. Aber auf der anderen Seite hinterlässt die kleine Portion auch das diffuse Gefühl, dass da unterm Strich noch ein bisschen mehr gegangen wäre. Wer sich allerdings fürs Erste so gut von alten Mitstreiterinnen emanzipiert hat, dem sei eine schrittweise Entwicklung zugestanden. Und wenn es dafür bald wieder einen Single-Wettstreit gibt – warum nicht?

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Never be the same
  • Havana (feat. Young Thug)
  • Consequences

Tracklist

  1. Never be the same
  2. All these years
  3. She loves control
  4. Havana (feat. Young Thug)
  5. Inside out
  6. Consequences
  7. Real friends
  8. Something's gotta give
  9. In the dark
  10. Into it
  11. Never be the same (Radio edit)
Gesamtspielzeit: 37:01 min

Im Forum kommentieren

muss noch schreiben dürfen

2019-05-12 16:17:51

"Never be the same" ist ein toller Popsong.

Little Litbarsko

2018-01-19 17:20:18

Das Cover ist mir zu mega.

Boston

2018-01-19 15:37:55

War nicht so schlimm. Mein Kopf ist ja nur ein Back-up meines Arsches.

Besorgter

2018-01-19 11:33:22

Hat es weh getan?

Boston

2018-01-19 11:29:58

Das Klavier auf Havana hat mich erwischt.

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