My Sad Captains - Sun bridge

Bella Union / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 20.10.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Einfach treiben lassen

"Sun bridge" heißt die Reflexion der untergehenden Sonne auf dem Wasser, die tatsächlich eine Brücke zum Betrachter schlägt. Der Titel des fünften Albums von My Sad Captains lässt Breites erahnen und dass hier viel Wärme, aber auch Tiefe im Spiel ist. Den hypnotischen, melancholischen Dream-Pop-Sound, der Plattentests.de schon beim Vorgänger "Best of times" verzauberte, hat die Band trotz größerer personeller Veränderungen beibehalten. Die Londoner sind aber noch präziser, detailverliebter geworden. Beim Ausrollen ihrer fein verarbeiteten Klangteppiche lassen sie sich nicht hetzen. Das mag auf manch einen nervtötend langatmig wirken, auf manch anderen wohltuend entschleunigend. Auf die meisten wahrscheinlich beides in genau dieser Abfolge.

Im instrumentalen Opener "Early rivers" dümpelt nur wenig Konkretes in einem Meer aus elektrischen Klängen, das gemächlich hin- und herschwappt. "Everything at the end of everything" räumt dann alles Psychedelische rabiat beiseite und präsentiert einen energischen Beat zu einer entspannten, aber doch knusprigen Pop-Nummer. Der Rest des Albums ist weniger greifbar und spielt gekonnt mit Unschärfen. Bis zuletzt exerzieren My Sad Captains dies im wahrlich monumentalen "Destination memory" durch: Immer wenn man erkannt haben mag, wo Bass und Gitarre über dem synthetischen Klanggewebe den Akzent setzen wollen, verschiebt sich dieser ein weiteres Mal. Über sieben Minuten breitet sich das Stück nach allen Richtungen aus wie Wasser auf einer spiegelglatten Oberfläche. Zu der atmosphärischen Dichte, die hier erreicht, wird kann man Jeff Zeigler am Mischpult gratulieren, der auch den Songs von The War on Drugs oder A Sunny Day in Glasgow den letzten Schliff verleiht.

"Don't listen to your heart" spielt sich daraufhin an Land ab, konzentriert sich auf akustische Werte und ist mit seinen zweieinhalb Minuten eher Kleinod als Ode. "None in a million" beginnt mit einer klanglichen Illustration der "Sun bridge", einem elektronischen Flimmern und Funkeln, dann schieben dunkle Trommeln den Song zügig voran, allerdings keineswegs in einen Refrain oder zu einer Klimax, sondern einfach immer weiter und weiter, bis die Schläge plötzlich enden und die repetitiven Vocals auf dem offenen Meer treiben lässt. "Wintersweet" ist eine weitere instrumentale Klangreise, aufgebaut auf einer denkbar einfachen Tonfolge, die bis in die letzte Ecke inspiziert wird, bevor weitere Elemente hinzukommen. Im finalen "Relieve" legen My Sad Captains wieder am akustischen Festland an, Gitarren und greifbare Rhythmen heißen die Passagiere willkommen. Im Hintergrund schimmert aber immer noch das synthetische Klangmeer in majestätischer Gelassenheit.

(Eva-Maria Walther)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Everything at the end of everything
  • Destination memory
  • Wintersweet

Tracklist

  1. Early rivers
  2. Everything at the end of everything
  3. Destination memory
  4. Don't listen to your heart
  5. None in a million
  6. William Campbell
  7. Curtain calls
  8. New sun
  9. Wintersweet
  10. Relive
Gesamtspielzeit: 48:52 min

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum