Klez.E - November – Livealbum Desintegration Tour 2017

Staatsakt / Caroline / Universal
VÖ: 10.11.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Kür

Klez.E haben schon so manche Wandlung durchgemacht. Die bis dato letzte Häutung erfolgte mit dem Release des aktuellen Studioalbums "Desintegration" im Januar 2017. Die Berliner Band verpuppte sich zuvor, machte sich mehrere Jahre recht rar und schlüpfte letztendlich als nachtschwarzer Falter aus ihrem Kokon. Der neue Sound erinnerte nicht nur zufällig an The Cure, vielmehr bezogen sich Klez.E ganz bewusst auf die großen Stilikonen der Achtzigerjahre, die Gitarren klangen jetzt tiefer, dringender und auch Tobias Sieberts Gesang wehklagte nun mit mehr Nachdruck. Auch stehen ihm mittlerweile die Haare zu Berge wie Robert Smith. Passend dazu nannten Klez.E ihr viertes Album "Desintegration": eine Referenz auf das große The-Cure-Meisterwerk "Disintegration" aus dem Jahr 1989. Natürlich ging die Band mit der Platte auch auf Tour, schnitt die Auftritte fleißig mit und bastelte aus dem zusammengetragenen Material das hier vorliegende Live-Album.

"November – Livealbum Desintegration Tour 2017" versammelt also die Highlights der dazugehörigen Tournee: Aufgezeichnet wurden die Songs in München, Hamburg, Berlin, Bremen, Regensburg und Weiden. Die Platte ist also kein kompletter Konzertmitschnitt, auch das Publikum hört man nur in wenigen Momenten, meist bleibt es ganz außen vor. Im Zentrum stehen die ausladenden Songs, die live auch gerne mal auf über zehn Minuten anschwellen dürfen, sich flächig ausbreiten, eine teils komplett andere Färbung annehmen als noch auf den Studioalben. Gerade die älteren Stücke bekommen live ein dunkleres Gewand, um so zum Klang der Stunde zu passen. Heißt im Kontext der Band Klez.E: orgelschwangerer Gothrock mit Versatzstücken aus Noise und Industrial. So wird das ansonsten so melancholisch flirrende "Strandlied" zum elfminütigen Sehnsuchtsmarsch durch karge, düstere Korridore. "Wir ziehen die Zeit" darf hingegen sein flottes Tempo behalten, rutscht aber ebenso ins polternde 80s-Fahrwasser. Klez.E legen eben großen Wert auf ästhetische Kohärenz.

Besonders gelungen ist neben diesen beiden Quasi-Hits vor allem der Opener "Drohnen", der auch auf dem aktuellen Album zu den dringlichsten Stücken gehört: Siebert intoniert seine finsteren Visionen mit einer stoischen Bestimmtheit, Synthies und Drums rücken seine Sätze ins richtige, hier sehr spärlich flackernde Licht. Ebenfalls sehr überzeugend in Szene gesetzt wurde der Titeltrack "November", der die Stimmung natürlich so richtig schön runterzieht. Gute Laune ist ohnehin nur etwas für Realitätsverweigerer. "Nachtfahrt" irrlichtert mit seiner fidelen Orgel über mondbeschienene Flächen, singt sich dabei in einen wahren Rausch und verdreht dem Publikum auf diesem Weg den Kopf. Die Verzweiflung, die in den Stücken steckt, bekommt vor allem in der Live-Darbietung eine angemessene Entsprechung, an allen Ecken und Enden spürt man den Schmerz und das Stechen, das ihnen innewohnt. Den Drang und die Sehnsucht nach Erlösung. War das Album die Pflicht, scheinen die Konzerte für Klez.E zugleichen Teilen Kür und Heilung zu sein.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Drohnen
  • Strandlied
  • Wir ziehen die Zeit

Tracklist

  • CD 1
    1. Drohnen
    2. Mauern
    3. Flammen
    4. November
    5. Am Grund der tiefgrünen See
    6. Nachtfahrt
    7. Lobbyist
    8. Raupe
  • CD 2
    1. Strandlied
    2. Der Garten
    3. Schwarz
    4. Madonna
    5. Im Raum mit Toten
    6. Wir ziehen die Zeit
    7. Requiem
Gesamtspielzeit: 95:44 min

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