Tom Chaplin - Twelve tales of Christmas
Island / UniversalVÖ: 17.11.2017
Für die Familie
Tom Chaplin kann einem leidtun. Nach langatmigen Kämpfen gegen sich selbst und die Drogen war die Veröffentlichung seines ersten Soloalbums "The wave" für den Engländer sicher persönlich ein wichtiger Schritt. Und trotzdem sind die Probleme Chaplins noch längst nicht aus der Welt geschafft. Unter seinen Ankündigungen jammern Fans beispielsweise immer noch seiner Ex-Band Keane hinterher und sind mit dem musikalisch doch sehr ähnlichen Solo-Output weniger zufrieden. Doch nicht nur das: Auch in seinem persönlichen Umfeld betreibt Chaplin weiter Aufarbeitung. Nach der Bekämpfung persönlicher Nervenzusammenbrüche, die "The wave" prägten, widmet er sich nur ein gutes Jahr später der Beziehung zu seiner Familie, die er in wichtigen Zeiten im Stich gelassen hatte. Als Rahmen wurde dafür etwas Spezielles ausgesucht. Der ehemalige Keane-Sänger bietet mit "Twelve tales of Christmas" eine waschechte Weihnachtsplatte, die von der ersten bis zur letzten Sekunde die festliche Zeit thematisiert.
Auch wenn dieser Schritt zunächst wie eine verzweifelte Plattenlabel-Idee erscheint, ist er musikalisch vollkommen nachvollziehbar. Wer sonst außer das Engelsstimmchen des Indie-Pops sollte dafür herhalten, Weihnachtslieder zu tönen. Auch bezüglich der Instrumentierung muss Chaplin wenig verändern, um seine Musik in einer Zimt-Glühwein-Stimmung erscheinen zu lassen. Das sanfte Piano prägt den Großteil der Tracks, cineastische Streicher füllen den weiten Klangraum wie im ruhigen "Midnight mass". Viel Bekanntes also, was sich durch die besungenen Themen nahezu ausschließlich dem Weihnachtsfest unterordnet. Chaplin taucht dabei nicht nur mit eigenen Tracks wie "We remember you this Christmas" in die Weihnachtsthematik ein. Zusätzlich bietet "Twelve tales of Christmas" vier Cover-Versionen, die sich unauffällig einfügen. Da wäre das schmucke The-Pretenders-Cover "2000 miles", welches mit dezenten Drums ähnlich schmalzig wie das Original erscheint. Das etwas längere "River" erreicht die natürliche Schönheit des Joni-Mitchell-Klassikers hingegen in keiner Weise.
Er wolle das abgedroschene Thema von allen verschiedenen Seiten beleuchten, meint Chaplin über das Dutzend dargebotener Songs. Selbst wenn die Grundstimmung vom überkitschigen Artwork eindrucksvoll genau charakterisiert wird, bricht die Platte zumindest vereinzelt aus dem Melancholie-Sog aus. "Another lonely Christmas" überrascht mit vergleichsweise wilder Percussion und Akustikgitarre. Das vorab bekannte "Under a million lights" überzeugt hingegen im Refrain mit einer Uptempo-Kehrtwende, die dem Alleinunterhalter-Pianobar-Pop der Strophe ein Ende bereitet und damit dem Track verdient den Single-Status beschert. Auch in den arg schwebenden, ruhigen Momenten der Platte schimmert vereinzelt Hoffnung wie im sanft vorantreibenden Pop-Refrain von "Follow my heart". Als Gesamtstück macht ebenso der intime Opener "Walking in the air" aus dem Filmklassiker "Der Schneemann" etwas her. Doch auch wenn diese Ausschnitte und die dahinterstehende Familienversöhnungs-Message der Platte ihr Existenzberechtigung geben, ist der große Rest der Gesamtverpackung unnötiges Geschenkpapier, welches nach Entdecken der Perlen schnurstracks in den Müll wandert. Insbesondere der vor Langeweile schlafende Mittelteil des Märchens bedarf dabei keiner großen Erwähnung; vielmehr aber jene Aussage: Das Schöne an einer Weihnachtsplatte sei neben dem strikten Terminkalender auch, dass die Vermarktung und der Albumzyklus relativ flott wieder vorbei sei und man sich endlich der Familie widmen könne, meint Chaplin. Letzteres wäre ihm von ganzem Herzen zu wünschen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Walking in the air
- Under a million lights
Tracklist
- Walking in the air
- Midnight mass
- 2000 miles
- Under a million lights
- River
- London lights
- We remember you this Christmas
- Stay another day
- For the lost
- Another lonely Christmas
- Follow my heart
- Say goodbye
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Armin
2017-11-30 22:36:00- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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