Shed Seven - Instant pleasures

Infectious / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 10.11.2017
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Auf Schnitzeljagd

Gute Frage: "Warum eigentlich keine ...-Rezension auf Plattentests.de?" Man setze in die Leerstelle Shed Seven ein und überlege: Dieser Umstand könnte damit zu tun haben, dass das letzte Album der Briten bereits 2001 erschien – und die Kapazitäten unserer damals farblich noch eigenwilligen Website begrenzter waren als heute. Zwar veröffentlichte das Quintett aus York nach "Truth be told" einige Compilations und Live-Platten, aber bei der Schlacht um die Fleischtöpfe unserer Weihnachtsspecials fallen nun mal als erstes die Bands hinten runter, nach denen kein Hahn und anscheinend nicht mal mehr sie selbst krähen. Ja, auch wenn sie Mitte der Neunziger am Brit-Pop-Boom partizipierten und unklar blieb, warum sie nie so groß geworden sind wie Oasis, Suede oder Pulp. Und sagen wir's ruhig: Das waren ja noch ganz andere Zeiten.

Das schlägt sich bereits im Titel nieder: Gemeint ist mit "Instant pleasures" die sofortige Verfügbarkeit von Musik per Mausklick oder Streaming-App, an die in den Tagen des Debüts "Change giver" noch nicht im Traum zu denken war. Überhaupt ging in 16 Jahren viel an Shed Seven vorbei: Mitte der Nuller traten Franz Ferdinand oder Bloc Party die "Class of 00" los, Kasabian exhumierten gar den alten Affen Rave-Rock. Man sollte es Rick Witter und Kollegen also nicht übelnehmen, dass sie ihr Comeback mit einem Song eröffnen, der direkt das noch von "Club foot" vertraute, überschwängliche Lad-Gejohle auspackt. Zumal sich "Room in my house" dank Witters Maulsperre beim Gesang, hyperaktiv zwirbelnder Licks und rollendem Groove ansonsten voll und ganz auf die bekannten Qualitäten der Band verlässt. Platz ist in der kleinsten Tanzhütte.

Und es will nicht recht verwundern, dass Shed Seven auf "Instant pleasures" weder aus ihrer Haut können noch wollen. Spätestens wenn Paul Banks zu Beginn von "It's not easy" tonlos die Gitarre schaben lässt, ploppt der beleidigte Nörgel-Rocker "She left me on Friday" von 1998 vor dem geistigen Ohr auf, bevor sich der groß auftischende Popsong doch eher am hymnischen Bandklassiker "Going for gold" orientiert. Eine Diskografie-Schnitzeljagd, die sich in der Folge fortsetzt: Lauthals kumpelig lospolternde Stücke wie "Said I'm sorry" oder "Star crossed lovers" stehen den früheren Hits "Getting better" und "On standby" in nichts nach, während das elegische "Better days" als aufmüpfigere Westentaschen-Version von "Parallel lines" durchgeht – noch ein Glanzstück aus dem 1996er Longplayer "A maximum high" Und sagen wir's ruhig: Das waren ja ganz schöne Zeiten.

Andererseits hat der Fünfer die letzten eineinhalb Jahrzehnte mitnichten unter einem Stein verbracht und daher mitbekommen, dass Stippvisiten bei Achtziger-Kitsch und Post-Punk sowie tanzbarer Knack im Sound inzwischen zum guten Indie-Ton gehören. Es müssen ja nicht gleich Walk The Moon oder gar Coldplay sein. Stattdessen lässt "Nothing to live down" an eine potenzierte Fassung von Maximo Parks "Going missing" denken – ein Schelm, wer ob Shed Sevens Abwesenheit darin einen versteckten Treppenwitz vermutet. "The change will do you good", versichert Witter – aber bitte nicht zu viel davon: Der synthetisch unterfütterte Drive von "Enemies and friends" muss als Zugeständnis an die Clubs genügen, ehe sich "Instant pleasures" unaufgeregt, aber ordentlich Richtung Cool Britannia ausschleicht. Die eingangs gestellte Frage hat sich da längst erübrigt.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Room in my house
  • Nothing to live down
  • Said I'm sorry
  • Enemies and friends

Tracklist

  1. Room in my house
  2. Nothing to live down
  3. It's not easy
  4. Said I'm sorry
  5. Victoria
  6. Better days
  7. Enemies and friends
  8. Star crossed lovers
  9. Hang on
  10. Butterfly on a wheel
  11. People will talk
  12. Invincible
Gesamtspielzeit: 51:51 min

Im Forum kommentieren

Coolio

2017-11-24 21:35:37

Klasse Album geworden, tendiere eher zu 7/10....Better Days für mich schon einer der Songs des Jahres

Armin

2017-11-23 21:21:41- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

kingsuede

2017-11-13 21:57:34

Überraschend und überraschend gut.

Geil

2017-09-27 21:53:43

A Maximum High ist immer noch eines der besten britischen Rockalben der 90er

shed eight

2017-09-27 18:52:43

bis auf das scheiß-"ohoho" merkt man die 16 jahre überhaupt nicht :)

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