
Mauno - Tuning
Tin AngelVÖ: 13.10.2017
Tief versunken
Fünf wenig bekannte Fakten über Mauno: Drei von vier Bandmitgliedern hatten bereits vor Mauno etwas mit Musik zu tun, zwei von vier sind abergläubisch, weitere zwei spielten jahrelang Baseball, eines kennt die Band Primus erst seit 2016, die Fürze eines anderen werden als "unmenschlich" beschrieben. Aha. Nun, es ist tatsächlich sauschwer, viel Sinnvolles über das Quartett aus Halifax, Kanada zu erfahren. Wer mehr wissen möchte, der muss schon ihre Musik hören: Die drei Jungs und das Mädel machen soften, hymnischen Indie-Rock.
Bands, die diesem Genre zuzurechnen sind, gibt es wie Sand am Meer. Es gestaltet sich wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, diejenigen zu finden, die sich abheben. Allein deswegen ist es eine Schande, dass das Mauno-Debüt "Rough master" von 2016 gar nicht erst in Europa erschienen ist. Auch das aktuelle Werk "Tuning" ist hierzulande nur als UK-Import zu erstehen. Gott sei Dank gibt es das Internet, auch wenn man dort den Schwank vom furzenden Leadsänger zu lesen bekommt. Der jedenfalls erklärt auch, was die zweite Platte der Band zum Konzeptalbum macht: Beeindruckt vom Hauptwerk des Musikwissenschaftlers R. Murray Schafer namens "The soundscape" entstand ein Longplayer über emotionale Bindungen inmitten einer nimmerstillen Klangkulisse.
"Tuning" lautet übrigens auch der Untertitel von Schafers Buch, und sind die Gitarren erst mal gestimmt, erwartet den Hörer eine durchaus rohe Stimmung, die Mauno nicht etwa in ein Korsett zu pressen versuchen, sondern die sich in aller Natürlichkeit orchestrieren lässt. Der Opener "Or just" leitet bedächtig ein, lässt gleich zu Beginn helle Gitarren erklingen, die genau wie Nick Everetts hoffnungsvoller Gesang für Maunos Sound charakteristisch erscheinen. Rhythmus und Tempo nehmen gemächlich Fahrt auf und enden in kraftvoller Manier. Ein Level, das auch den Rest der Platte durchzieht. Dabei bemerkt man die Übergänge der oft keine drei Minuten langen Songs kaum, denn das Klanggerüst von "Tuning" ist trotz einer Vielzahl einklingender Field Recordings wahnsinnig konsistent. Aufmerksam wird man spätestens immer wieder dann, wenn Eliza Niemi wie etwa im selig-schiefen "Other bad" oder beim verliebten "Anything anymore" mit der feurigen Gitarren-Bridge den Vocal-Part übernimmt – oder noch besser, wenn Niemi und Everett wie im herzzerreißenden Closer "Helah" gemeinsam singen.
Das Zweitwerk der Kanadier zeigt sich als ekstatische Reise, der sich nichts weiteres als der nächste Durchlauf anschließen kann. Es ist faktisch kaum möglich, "Tuning" nicht mehrfach hintereinander anzuhören, denn aus diesem Traum zu erwachen, wäre mit Sicherheit die schlechtere Wahl. Stattdessen sollte man sich Zeit nehmen und sich der Musik hingeben, so kitschig das auch klingt. Doch genau das ist nötig, um die Highlights des Albums auszumachen und zu erfahren. Selbst ein Gitarrenfeuerwerk wie am Ende von "Com" kommt auf leisen Sohlen, das Uptempo von "Ditch" tarnt sich als gemächliche Version seiner selbst, und wenn wie in "Keys" mal Verzerrer zum Einsatz kommen, schmiegen sie sich so sanft ins Geschehen, dass man es kaum wahrnehmen mag – außer man ist tief versunken. Nur was riecht hier so komisch?
Highlights & Tracklist
Highlights
- Or just
- Com
- Anything anymore
- Helah
Tracklist
- Or just
- Tuning
- Hand
- Other bad
- Keys
- How long
- Com
- Anything anymore
- P.S.
- Ditch
- Shy shep
- Decide
- Pigeon
- Helah
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Armin
2017-11-23 21:19:43- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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- Mauno - Tuning (1 Beiträge / Letzter am 23.11.2017 - 21:19 Uhr)