
Trivium - The sin and the sentence
Roadrunner / WarnerVÖ: 20.10.2017
Der Weg ist das Ziel
Irgendwann musste der Weg ja einmal eine andere Richtung nehmen als konstant Richtung Gipfel. Und vielleicht waren Trivium auch einfach einmal dran mit einem veritablen Rückschlag. Natürlich war "Silence in the snow" vor zwei Jahren unter denkbar ungünstigen Bedingungen entstanden – nicht nur, dass die personelle Fluktuation am Schlagzeug allmählich Züge von Spinal Tap annimmt, auch Frontmann Matthew Heafy plagten massive Stimmprobleme, die mit ein bisschen Pech auch chronisch hätten werden können. Entsprechend zahnlos und zu allem Überfluss auch noch akustisch glattgehobelt klang die Platte, mit der sich die Amerikaner, die einst als Teenager ihre Karriere starteten, wahrlich keinen Gefallen getan haben. Insofern ließen hochmotivierte Live-Auftritte sowie der vorab veröffentliche Titeltrack des achten Studioalbums "The sin and the sentence" so etwas wie positive Überraschung aufkommen.
Und hauruck die Waschfrau, geben die vier direkt zu Beginn der Platte auf die Glocke. Diese Bandbreite an Dynamik beherrschen auf diesem hohen Niveau wohl nur wenige Bands. Da wechseln sich Gangshouts mit wildestem Geballer ab, nur um wie vor allem im Fall von "Beyond oblivion" in einen Refrain zu münden, den Teile der Knüppelfraktion bisweilen gar als zu eingängig befinden mögen. Da treiben, ach was, hetzen wüste Blastbeats, bis dann Heafy und Corey Beaulieu zwar nicht gerade in Wolf-Hoffmann-Regionen vorstoßen, aber in ihren Soli durchaus klassische Elemente zeigen. Das klingt zunächst so, als wollten die Amerikaner alles allen gleich recht machen. Doch das Kunststück, trotzdem nicht wie vom Reißbrett zu klingen, sondern organisch, viel organischer als auf dem Vorgänger, gelingt ihnen trotzdem. Auch wenn wie zu guten alten Vinyl-Zeiten die obligatorische Powerballade auf der vierten Position platziert ist – manchmal muss Tradition halt auch Tradition bleiben.
Hieß es vorhin, dass es zu Beginn auf die Glocke gibt? Okay, Korrektur. Das diente wie ein wohl platzierter Jab im Boxkampf dem herzhaften Weichklopfen des Opfers. Denn das Doppel aus "Betrayer" und "The wretchedness inside" trümmert wie eine gekonnte Links-Rechts-Kombination. Zunächst überzeugt "Betrayer" durch einen monströsen Refrain, der nackenbrechende Riffs mit einer gnadenlos eingängigen Hook kombiniert. Und schließlich schlägt "The wretchedness inside" den Bogen zu den in jüngster Vergangenheit vor Energie geradezu strotzenden Live-Auftritten, die durchaus das Gefühl vermitteln konnten, dass das Quartett auf der Bühne noch mehr aus sich herausgeht als im Studio. Doch vor allem spürt man selbst in dieser geschützten Atmosphäre, wie sehr Heafy genießt, wieder ohne Angst um die Gesundheit singen zu können. Denn diese Shouts, diese Spielfreude gab es in der Tat lange nicht zu hören.
Erst auf den letzten Metern lässt die Dichte an Überraschungen nach. Was nicht bedeutet, dass es etwa in den letzten Songs ausschließlich "more of the same" geben sollte. Denn immer wieder sind da diese grandiosen Hooks, die auf den letzten Platten so gefehlt haben, immer wieder tolle Riffs, als hätten Trivium eine innere Blockade endlich lösen können. Jetzt könnte man ihnen Kalkül unterstellen – gib den Fans Versatzstücke von allem, was sie so mögen, und sie werden die Platte schon kaufen. Aber selten in der Bandgeschichte wirkte der Vierer so von jedem Druck befreit. Und genau dadurch entsteht Spielfreude, die zu jeder Zeit hörbar ist. Trivium haben ihre kleine Krise überwunden. Und sind damit sozusagen wieder auf dem richtigen Weg.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The sin and the sentence
- Betrayer
- The wretchedness inside
- The revanchist
Tracklist
- The sin and the sentence
- Beyond oblivion
- Other worlds
- The heart from the hate
- Betrayer
- The wretchedness inside
- Endless night
- Sever the hand
- Beauty in the sorrow
- The revanchist
- Thrown into the fire
Im Forum kommentieren
nörtz
2017-11-22 16:00:04
Im Metalbereich gibt es kaum noch etwas, das mich vom Hocker haut. Da muss es schon zur absoluten Spitzenklasse gehören und da sehe ich Trivium bei weitem nicht.
Bonzo
2017-11-22 15:42:33
Kann ich unterschreiben auch Beethoven, die Beatles und Ol' Dirty Bastard waren besser.
nörtz
2017-11-22 15:29:42
Kommen bei weitem nicht an Bands wie Animals As Leaders oder Meshuggah ran. Langweilig.
Eurybia
2017-11-22 15:10:37
The Sin And The Sentence 9.0/10
Beyond Oblivion 9.5/10
Other Worlds 7.0/10
The Heart From Your Hate 7.0/10
Betrayer 9.0/10
The Wretchedness Inside 8.5/10
Endless Night 6.0/10
Sever The Hand 10/10
Beauty In The Sorrow 9.0/10
The Revanchist 8.0/10
Thrown Into The Fire 7.5/10
somit 8/10
Doremi
2017-11-06 21:53:11
Vielleicht haben sie nicht genug geübt?
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