Rome Is Not A Town - It's a dare

Startracks / Indigo
VÖ: 29.09.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Und dann schlägt Dein Herz

Göteborg ist ziemlich schön. Aber sicherlich auch einer jener Orte, die auf Dauer verdammt eng werden können. Da für kreative Menschen Resignation als Lebensziel ausscheidet, bleibt nur die Flucht in die Rumpelkammer. Vier Musikerinnern haben wahrscheinlich genau diesen Prozess durchlaufen, ehe sie als Rome Is Not A Town zu scheppern begannen. Die Damen sind zwar allesamt noch ziemlich jung, ihre musikalischen Vorbilder sind dennoch in den Achtzigern und Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts zu verorten. Was heutzutage meist als warmer Aufguss endet, gerät im Falle der lärmenden Schwedinnen zum Triumph. Auf ihrem Debütalbum "It's a dare" befindet sich kein einziger schwacher Song. Nicht einmal ein mittelmäßiger ist drauf.

Dabei führt der erste Eindruck auf eine falsche Fährte: "Picking garbage" eröffnet das Album ganz unscheinbar im Geiste des Britpop, ohne dabei groß aufzufallen. Erst als sich gegen Ende immer mehr Krach unter die herrlichen Schrammelgitarren schiebt, wird klar, wohin die Reise geht. Freunde von Sonic Youth dürfen sich jetzt eine Kerze anzünden. Sogar Gottvater Moore höchstpersönlich hat seinen Segen gegeben: "Das ist irgendwie Post-Riot-Grrrl, Post-No-Wave, experimentelle Musik und von Anfang bis Ende unglaublich fesselnd", lautet sein Verdikt. Recht hat er. Egal, ob lasziv-gelangweilt wie in "Sorry" oder in bester Courtney-Rotzigkeit wie in der Vorabsingle "I'm in a brand" – Rome Is Not A Town wissen genau, dass Zitate nur dann funktionieren, wenn der Kontext stimmt.

Die Produktion ist gleichzeitig druckvoll und transparent, was dafür sorgt, dass auch komplexere Arrangements jederzeit nachvollziehbar bleiben. "Common sense" kreist beispielsweise um eine bleischwere Achtelfigur, die mit flirrenden Backgroundspuren kontrastiert wird. Ähnlich in der Grundstruktur, doch deutlich treibender kommt "Ashes" daher. Der Song besitzt lange Instrumentalpassagen, in denen deutlich wird, welches Gespür die Band für kleine Harmonie-Spielereien hat. Das Subtile mit dem Brachialen zu verbinden ist das dominierende kreative Prinzip des Quartetts. So galoppiert "Can you feel the rush" drauflos, als hätte es zum Frühstück statt Kaffee Speed gegeben, ohne dabei aus der Spur zu geraten. Und Kajsa Poidnak kann verdammt gut schreien.

"It's a dare" ist ein Album für die Endlosschleife. Aufgrund seiner Kürze rauscht es vorbei, ehe man Fuß gefasst hat. Doch mit jedem Durchgang wächst es. Natürlich erfinden die vier Schwedinnen den Noiserock nicht neu und natürlich könnte man einfach "Daydream nation" hören. Doch derlei Schlüsse wären angesichts des durchgehend famosen Songwritings faul und ungerecht. Gerade in einer Zeit, in der die Rockmusik darum kämpft, relevant zu bleiben, ist es wichtig, sich daran zu erinnern, was das Genre dereinst groß werden ließ. Es geht um Mut. Falsch verstandener Konservatismus – im Volksmund "Retro" genannt – endet zwangsläufig in der Sackgasse. Rome Is Not A Town kennen und vermeiden diesen Fehler, in dem sie dorthin zielen, wo es am meisten wehtut. Hier bitte Olli-Schulz-Zitat einfügen.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Say yeah
  • I'm in a brand
  • Ashes
  • Sorry

Tracklist

  1. Picking garbage
  2. Say yeah
  3. I'm in a brand
  4. Common sense
  5. Behave and die
  6. Ashes
  7. Can you feel the rush
  8. 21/27
  9. Sorry
  10. You can be whatever you set your mind to
Gesamtspielzeit: 34:10 min

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Armin

2017-11-01 21:53:49- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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