Weezer - Pacific daydream

Atlantic / Warner
VÖ: 27.10.2017
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Jux und Völlerei

Es so leicht, Weezer zu lieben und gleichzeitig so schwer. Den nerdig-spitzbübischen Charme haben sie sich seit ihrem Debütalbum 1994 beibehalten und doch werden sie nicht müde, ihren Fans und Freunden in schöner Regelmäßigkeit irritierende Stilblüten vor die Füße zu werfen. Von "Pinkerton" bis "Make believe" schwankten die Alben nicht nur qualitativ, sondern pendelten auch zwischen harten Metal-Gitarren und Powerpop mit Plastikgeschmack hin und her. Es war daher nur eine Frage der Zeit, wie lange der gute Wille anhalten würde, der zum erfreulichen "Everything will be alright in the end" und zur gelungenen weißen Platte führte. Das nun relativ eilig nachgeschobene elfte Album "Pacific daydream" zeigt: nicht allzu lange.

Wer ohnehin die zum Kaugummi-Pop tendierende Seite der Band schon immer unspannend oder gar nervig fand, für den wird der neueste Output in vielen Momenten pures Gift sein. Gitarren treten auf "Pacific daydream" fast nur als Hintergrundtextur auf, stattdessen orientieren sich Weezer an sonnigen Beat-Exkursen mit einer Prise R'n'B. "Feels like summer" sorgte dank seines ultrapoppigen Falsett-Refrains netzweit bei Puristen bereits für spontanen Hautausschlag, ist aber letztlich nur der die Vision am konsequentesten umsetzende Hit, den man nie wieder aus dem Kopf bekommt und mit eine der langlebigsten Sachen hier. Freunde der Sechssaiter-Exkurse können sich dagegen am ehesten noch mit dem schmissigen Opener "Mexican Fender" vergnügen, Liebesgeschichten-Tralala selbstverständlich immer noch inklusive. Ansonsten wird der Völlerei mittels bombastischer Synthies und Streicher gefrönt, die meist gegen Ende eines Songs durchbrechen.

Was Rivers Cuomo und seinen Gefährten hilft, ist ihr nach wie vor intaktes Melodiegespür und die ergonomischen Songstrukturen, die zumindest nie länger geraten als nötig. Tiefgang sucht man indes auf Weezer-Alben sowieso seit Ewigkeiten vergebens, wenngleich man es nicht ganz so blöde wie im Text zu "Beach Boys" gewünscht hätte: "Turn it up / It's the Beach Boys / Makin' my eyes get moist." Doof auch, dass sie sich irgendwann in der zweiten Hälfte ernsthaft anschicken, das mit beiden Vorgängeralben und der ersten Albumhälfte erspielte Sympathie-Fundament mit dem Arsch wieder einzureißen. "Get right" ist langweilig und nichtssagend, der Latin-Einschlag in "La Mancha screwjob" erinnert sogar an schlimmste Chart-Verbrechen. Und wo sind da eigentlich die Hooks vom Anfang hin?

"Pacific daydream" ist in seiner Gesamtheit immerhin nett geworden und über Nulpen der Klasse "Make believe" und "Raditude" anzusiedeln. Es funktioniert als leichter, flacher Sommersnack, bleibt aber nur mit wenigen Songs wirklich langfristig im Gedächtnis. Es steht daher eher in Konkurrenz mit Alben wie "Funk wav bounces vol. 1" von Calvin Harris, das auf die gleiche relaxte Cocktailbar-Atmosphäre zielt. Denkt man sich bei "Pacific daydream" die paar Gitarren weg, die noch übrig geblieben sind, ist plötzlich auch der Sound beider Platten völlig ähnlich. Und man stellt fest, dass der EDM-Fuzzi doch tatsächlich das griffigere und konsistentere Album gemacht hat. Calvin Harris und Weezer beackern das gleiche Feld und letztere ziehen den Kürzeren? 2017 ist strange, Leute.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Mexican Fender
  • Feels like summer

Tracklist

  1. Mexican Fender
  2. Beach Boys
  3. Feels like summer
  4. Happy hour
  5. Weekend woman
  6. QB Blitz
  7. Sweet Mary
  8. Get right
  9. La Mancha screwjob
  10. Any friend of Diane's
Gesamtspielzeit: 34:36 min

Im Forum kommentieren

Affengitarre

2019-12-28 19:01:38

Die find ich auch unterschätzt, geht von ihren Mainstreampopversuchen auf jeden Fall am meisten klar. Pop waren sie ja im Grunde immer.

The MACHINA of God

2019-12-28 18:54:59

2.02 bei rym, während die Weiße 3.44 hat. Irgendwie ungerechte Welt. Aber gut, ich finde das "White Album" auch mit ihr überbewertestes (trotzdem ne starke 7/10). Aber die hier hat mit "Feels like summer" einfach ihren mit Abstand besten Pop-Song und aauch sonst viel gutes zu bieten.

The MACHINA of God

2019-09-21 20:58:06

Wenn man überlegt was für ein Müll "Can't stop partying" war und wie fantastisch das ähnlich gelagerte "Feels like summer" ist, muss man schon sagen, dass die Band immer wieder überraschen kann.

Affengitarre

2019-09-21 19:45:27

Genau, nochmal das gute Wetter auskosten. :D

The MACHINA of God

2019-09-21 19:42:06

Affengitarre hat mit dem Scheiss angefangen. :D

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