Girls In Hawaii - Nocturne

Le Label / PIAS / Rough Trade
VÖ: 27.10.2017
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Nach der Ebbe

Manche Nachrichten sind so traurig, dass man sie nur schwer wieder abschütteln kann – wenn überhaupt. Der Unfalltod des gerade mal 28-jährigen Denis Wielemans, vor seinem Dahinscheiden Drummer bei Girls In Hawaii, wird wohl ewig im Hinterkopf bleiben, sobald es um die belgische Band geht. Und klar, auf deren letzten Album "Everest", das rund dreieinhalb Jahre nach jenem schicksalhaften Tag erschien, war diese Traurigkeit in so gut wie jeder Note deutlich spürbar, konnte man sie doch auch in jeder Zeile herauslesen. Auch weitere vier Jahre danach, mit Veröffentlichung des neuen Girls-In-Hawaii-Albums "Nocturne", kann man die Negativgedanken nicht so recht abschütteln. Dabei gibt sich das Sextett selbst größte Mühe, nach der langen, unglücklichen Ebbe endlich die Flut zu erwischen.

Befreiter tönt "Nocturne" stellenweise schon, den anfänglichen Hügel, quasi den Elefanten in der Mitte des Raums, muss man zunächst aber trotzdem überwältigen. Der Opener "This light" startet mit unheilschwangerer Melodie und bewegt sich ohnehin gut die Hälfte seiner vier Minuten Spielzeit in rein instrumentalen Gefilden. Dann erst ertönt der Gesang, und mit ihm eine Zeile, die sich wie ein Mantra wiederholt, als wollten Girls In Hawaii die Menschheit warnen: "Keep your distance from this light." Nein, ausgelassen gefeiert wird hier nicht, und doch ist der Blick zurück, den das verträumt-poppige "Guinea pig" schließlich wagt, doch auch ein versöhnlicher, lächelnder: "Picture on the wall of '96 / You and I, just smiling / Like monkeys."

Das kann aber auch nicht darüber hinweghelfen, dass Girls In Hawaii auf "Nocturne" mindestens unentspannt klingen. Man hört ihnen regelrecht an, wie sie die Trauer hinter sich lassen und nach vorne schauen wollen. Das gelingt stellenweise sogar ganz gut: Der synthiegeschwängerte Indie-Pop von "Overrated" entfaltet sich in der zweiten Hälfte zu einer aufbauenden Spätsommerhymne, und "Indifference" leitet den etwas melancholischeren, aber immerhin goldenen Herbst ein. Die stimmliche Harmonie der beiden Sänger Antoine Wielemans und Lionel Vancauwenberghe ist hier eine der großen Stärken, die die Band glücklicherweise gelungen auspielt.

Andernorts passen Idee und Umsetzung nicht so recht zueinander. "Walk" kommt mit Plastik-Beats und fast schon sterilem Gesang daher und berührt dementsprechend höchstens mit der Wärme eines Gummihandschuhs. Auch das elektronisch-kühle Soundwirrwarr, an dem sich "Blue shape" versucht, kann mit echter Emotion schlicht nicht mithalten. Immerhin sortiert sich "Monkey" trotz kleinerer Klangexperimente deutlich besser, bleibt im Vergleich zu anderen Stücken auf dem Album aber nur ein kurzes Aufflackern. Am Ende finden Girls In Hawaii zu alter Stärke zurück: "Up on the hill" kämpft sich langsam, aber stetig, aus der Dunkelheit raus ins Licht, gibt nicht auf, bleibt nicht stehen und wird am Ende mit Wärme belohnt. Womöglich ist es bezeichnend für den Weg, den Girls In Hawaii noch immer vor sich haben. Wir drücken ihnen dabei von Herzen die Daumen.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Indifference
  • Overrated
  • Up on the hill

Tracklist

  1. This light
  2. Guinea pig
  3. Cyclo
  4. Indifference
  5. Overrated
  6. Blue shape
  7. Walk
  8. Monkey
  9. Willow grove
  10. Up on the hill
Gesamtspielzeit: 42:33 min

Im Forum kommentieren

musie

2017-10-27 00:56:47

Genau so seh ich das auch

Evident

2017-10-26 21:14:10

Nach dem ersten vorveröffentlichen Song, dachte ich, dass wird der Hammer. Das Album ist ok und auch schon mehrmals komplett durchgelaufen. An Everest kommt es jedoch nicht ran. Zum Konzert geht es trotzdem.

Armin

2017-10-25 22:09:08- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Mr Oh so

2017-10-04 13:53:39

Ach gibt`s die auch noch?

musie

2017-10-04 13:52:42

sehr schönes Album. könnte ein kleines Lieblingsalbum werden... erinnert mich zwischendurch an Kashmir.

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