Circa Survive - The amulet

Hopeless / Soulfood
VÖ: 20.10.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Schrein damit

Emorock ist lange tot – lang lebe Emorock! So oder ähnlich könnte die arg strapazierte Plattitüde lauten, welche in Zusammenhang mit Cicra Survive allerdings vielleicht eine Antwort auf die Frage liefern kann, warum Anthony Green und Co. noch immer da sind, und so ambitioniert gegen den Zeitgeist musizieren. Vermeintlich. Denn wirklich unmodern ist der detail- und facettenreiche, stetig unter der Oberfläche wühlende Alternative-Rock von Circa Survive sicher nicht. Vielleicht ist er vielmehr zeitlos, zumal nicht nur die Genre-Papas American Football oder die außergewöhnlichen Brand New in 2017 mit Nachdruck von sich hören ließen. Und Anthony Green? Der war ja sowieso nie weg, lieferte 2016 sogar mit den verschollen geglaubten Saosin ein neues Album ab, tobte sich gesangsstechnisch dort allerdings in auffallend harscheren Sphären aus, als man es von der Stimme Circa Survives gewohnt ist. Wohl auch, weil man an Saosin nicht mehr gewöhnt war.

Daher sollte man die Nadel bei "The amulet", der sechsten Platte der Mannen aus Philadelphia, besser nicht an den letzten Rillen der B-Seite ansetzen. Zum Finale des vorzüglichen Titeltracks nämlich schreit Green aus vollem Halse, während die Instrumentierung um ihn herum ebenfalls zu implodieren scheint, allerdings nur für eine Minute. Diese Eruption passt perfekt zum finalen Kehraus des Albums, hat man in den knapp 43 Minuten zuvor doch etliche emotionsgeladene, tiefe Täler durchschritten und hohe, sich langsam aufbauschende Klippen erklommen. Sanft wird man zunächst von "Lustration" durch die ersten Sekunden getragen, bis ein hektisches Schlagzeug den Weg durchs Dickicht bricht und am Ende der Lichtung Raum für den intensiven Refrain schafft, dabei die Klang-Landschaft in ein melancholisches Licht rückt. Von leicht dissonantem Gitarren-Riffing lässt sich "Never tell a soul" zeitweise durcheinanderbringen, bevor Circa Survive im spannenden, auf pulsierendem Bass wabernden "Premonition of the hex" den experimentellen Touch verfeinern, den schon der Vorgänger "Descensus" innehatte – bauen dabei aber mehr auf Gefühl denn auf dessen Wucht. Gänzlich ausreizen möchten Circa Survive den Wohlklang im zarten "Flesh and bone", das beinahe nur von Greens markant hoher Stimme und einer zart flirrenden Gitarre lebt.

Leicht verschroben, auf unstetem Rhythmus errichtet und in ebenso besonnener Gemütslage versucht "At night it gets worse" die spezielle Stimmung der Platte weiter zu zementieren, der elegische Schlussteil ruft gar Thom Yorke auf den Plan. Flotter und kraftvoller geht es allerdings auch mal zu, aber immer melodisch, wie das verhältnismäßig fluffige "Stay" zeigt, das nach dem schönen Refrain von Colin Frangicetto allerdings ein paar wild gewordene Riffings übergebraten bekommt. "Tunnel visions" schickt sich an, alsbald ein Plätzchen in den dunklen Ecken des Gehörgangs zu reservieren, bevor der impulsive Refrain jedoch dort regieren darf, muss das Stück sich seinen Weg aus der Tiefe bahnen. Ähnlich melodieselig wie zuletzt Manchester Ochestra, nicht ganz so entschlackt und mit etwas mehr Wagnis und Kanten – letztere vor allem im tollen, vertrackten und nachhallenden "Rites of investiture" – , zimmern Circa Survive mit "The amulet" ein weiteres starkes Album in ihren Diskografie-Schrein. Der für sein Alter übrigens noch ganz schön frisch ausschaut.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Lustration
  • Premonition of the hex
  • Rites of investiture
  • The amulet

Tracklist

  1. Lustration
  2. Never tell a soul
  3. Premonition of the hex
  4. Tunnel vision
  5. At night it gets worse
  6. Stay
  7. Rites of investiture
  8. The hex
  9. Flesh and bone
  10. The amulet
Gesamtspielzeit: 43:58 min

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Affengitarre

2018-10-18 22:10:39



Wird wohl ein Song der "The Amulet (Deluxe)", welche am 2. November erscheinen soll.

Gomes21

2018-08-08 23:55:10

Okay!

Affengitarre

2018-08-08 23:12:26

Machen wir! :)

Oceantoolhead

2018-08-08 23:10:09

Gemein das die Descensus immer so schlecht wegkommt :( ich verlange eine bekehrungssession !

Affengitarre

2018-08-08 23:08:22

Viel Freude! :) "On Letting Go" ist meine Liebste.

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