William Patrick Corgan - Ogilala

BMG / Warner
VÖ: 13.10.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

The world is a campfire

Was haben Pete Doherty, Kele und Billy Corgan gemeinsam? Nun, alle fanden mehr oder weniger über Umwege zu einer gewissen Ernsthaftigkeit und erweiterten plötzlich ihren bisherigen Bühnennamen. Auf Dohertys erstem Soloalbum "Grace/Wastelands" prangte da plötzlich der Vorname "Peter". Kele holte erst ganz kürzlich sein "Okereke" in die Interpretenzeile für das intime "Fatherland". Dem Smashing-Pumpkins-Frontmann war sogar "Billy Corgan" nun zu kumpelhaft. Also bitte schon mal an die neue Schreibweise gewöhnen: William Patrick Corgan. So steht's überall bei "Ogilala", Corgans zweitem Soloalbum. Blendet man mal aus, dass er seit längeren bei den Pumpkins sowieso Alleinherrscher ist. Im Gegensatz zu deren letztem mauen Mischmasch-Werk "Monuments to an elegy" hat "Ogilala" einen ganz klaren Fokus. Fast nur mit Gitarre, Klavier und Rick Rubin bewaffnet, spielte Corgan die elf besinnlichen Songs ein, ließ sie vom Star-Produzenten nachbearbeiten und mit Synthies und Streichern versehen.

Der Sound ist grundsätzlich nicht neu, erinnert sogar sehr oft an die reduzierten Momente der frühen Smashing Pumpkins, vor allem die häufig auf B-Seiten versteckten Kleinode. Fast weihnachtliche Festlichkeit inklusive knisterndem Kamin verbreiten Songs wie die auf gefällige Art angekitschte Single "Aeronaut" oder auch die nur mit Klavier instrumentierte Bowie-Hommage "Zowie". Fehlen wirklich nur noch die Glocken aus "Disarm". Und auch wenn Corgan nicht ganz auf fehlplatzierte Wortspiele wie "Cain isn't able to build a superstar" verzichtet, hat man durch die Bank weg den Eindruck, dass er sich seit längerem auf einer Platte nicht selbst im Weg steht. Kleine, aber wichtige Einfälle wie die reizvollen Keyboard-Tupfer, die "Amarinthe" durchsetzen, heben viele Songs auf ein höheres Level. Gewöhnungsbedürftig ist allerhöchstens, dass es diesmal eben keine lauten Counterparts zum Aufhorchen gibt.

Dadurch wird "Ogilala" möglicherweise ein paar Mal vorbeirauschen, bis sich die oft ganz wundervollen Melodien festsetzen. Das äußerst hübsche Piano-Stück "Mandarynne" dürfte da einer der ersten Kandidaten sein, ebenso wie das wiederum auf akustische Gitarre setzende "Processional", bei dem sogar Ex-Kollege James Iha mitgeholfen hat. Ein weiterer Hinweis auf die, Entschuldigung, DIE Reunion? Das dafür notwendige Händchen für gelungene, sentimentale Ruhepausen scheint Corgan schon mal wiedergefunden zu haben. Möglich, dass manch einem die vielen Streicherschwaden und sehnsuchtsvollen Harmonien zu gefühlsselig und kitschig sind. Aber so viel muss man dem notorischen Glatzkopf zugestehen: Davor scheute Corgan sich schon in seiner Hochphase vor über zwei Jahrzehnten nicht. Und er ist einer derjenigen, die häufig nicht trotz, sondern gerade weil sie theatralisch dick auftragen, Meisterwerke schaffen.

Die Inspirationsreise durch die Mitte der USA, die Corgan für "Ogilala" im Vorfeld unternommen hatte, scheint nicht nur in den von indianischer Mythologie inspirierten Songtiteln und dem ästhetischen Cover Früchte getragen zu haben. Seine Texte sind zwar weiterhin einfacher als früher gehalten, aber oben genannte Ungelenkigkeiten bleiben die Ausnahme. Stattdessen passen sich die Lyrics der Musik an – auf das Wesentliche reduziert. Der Refrain "Lover, won't you mourn with me?" aus "Aeronaut" ist beispielsweise angenehm eingängig statt aufdringlich. Seine Muse ist wieder da, wenigstens für diesen Moment. Und dafür, dass "Ogilala" auch problemlos am 24. Dezember im CD-Player laufen und damit Helene Fischers Weihnachtsalbum verdrängen könnte – dafür hat er alle Dankbarkeit der Welt verdient.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Processional
  • Mandarynne
  • Archer

Tracklist

  1. Zowie
  2. Processional
  3. The Spaniards
  4. Aeronaut
  5. The long goodbye
  6. Half-life of an autodidact
  7. Amarinthe
  8. Antietam
  9. Mandarynne
  10. Schiloh
  11. Archer
Gesamtspielzeit: 38:32 min

Im Forum kommentieren

Affengitarre

2024-07-31 23:47:32

Vorhin wieder die Rezensionsüberschrift gelesen und herzlich gelacht. :D Schon ein hübsches Album, dieser reduzierte Sound ist gerade im Vergleich zur zugekleisterten „Atum“ eine echte Wohltat.

Hogi

2018-06-13 09:51:54

mal wieder gehört...mochte ja schon immer eher die ruhigeren Sachen der Pumpkins. Von daher bin ich weiter ziemlich begeistert von diesem Album. So mag ich ihn!

The MACHINA of God

2018-02-12 05:01:09

Hab jetzt mal mehr Zeit - oder besser: Lust - gehabt und mich etws reingehört. Wirklich ein ziemlich gutes Album. Schöne Songs. Bin da also etwaas zuversichtlicher bzgl. der Pumpkins-Reunion.

Albern allerdings mit der Namensänderung. Auch bei Spotify sowie in Folge dessen bei Last.FM lief das Album erst unter William Patrick und jetzt unter Billy Corgan.

alfonso

2018-01-03 15:08:48

neues album im kasten -soll womöglich ein doppelalbum sein. mal sehen - laut billy ganz anders wie ogilala

Jerry osenwurm

2017-12-05 10:49:25

Sry hab das mit bitchfork verwexelt. Ist schon krass der unterschied zw. Rezensionen und hoerermeinungen. Finde die uaerbewertungen viel aussagekraeftiger

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