Peter And The Test Tube Babies - That shallot

Arising Empire / Nuclear Blast / Warner
VÖ: 15.09.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Irrenhausverbot

Alter schützt vor Torheit nicht, weiß das Sprichwort zu berichten. Alter schützt vor Einreiseverbot in die USA nicht, weiß hingegen seit ein paar Wochen Peter Bywaters zu berichten. Denn Ende Juni fand sich der Frontmann und Namensgeber der Punk-Legenden Peter And The Test Tube Babies schneller auf dem Rückflug nach Großbritannien als ihm und vor allem dem Rest der Band lieb sein konnte, wollten die Veteranen doch tags darauf auf einem Festival auftreten. Offizielle Begründung: Ein falsches Visum. Wie das auch immer bei visafreiem Reisen in die USA klappen soll, aber egal. Inoffiziell hingegen wird berichtet, es handele sich um eine Retourkutsche, nachdem Bywaters sich in der Vergangenheit nicht nur kritisch über einen gewissen Herrn Trump geäußert hat, sondern ihn auch im vergangenen Jahr auf einer Show in Deutschland formvollendet parodiert habe.

Das Alter schützt also auch nicht vor zornigen Alt-Punks. Und ja, die Band, die sich seit jeher dadurch ausgezeichnet hat, nicht alles bierernst, dafür aber Bier ernst zu nehmen, kann auch wütend. Zumindest kloppen die Briten den Opener von "That shallot", dem ersten Studioalbum seit über zehn Jahren, mit Verve "In yer face". Zwei Minuten, nicht viel mehr Akkorde, und viel Anderes braucht es nicht zu einem guten Punksong. Auch das folgende "C U next Tuesday" marschiert roh, ungestüm und durchaus ein bisschen windschief davon, bis wohl eine der coolsten Punkrock-Singles der jüngeren Vergangenheit zum Mitgrölen einlädt. "None of your fucking business" ist der Mittelfinger in Richtung staatliche Einmischung, die fliegende Bierdose an alle, die der Meinung sind, ihren irrelevanten Tagesablauf der Welt minutiös per Social Media mitteilen zu müssen. Und nichts anderes als ein räudiger Gassenhauer, der sich nach spätestens zwei Durchläufen unwiederbringlich im Ohr festgefressen hat.

Kurz darauf folgt allerdings ein Song, der die einen aus dem Pub flüchten und die anderen in Gelächter ausbrechen lässt. Wie soll man "Silicone beer gut" nun beschreiben? Country-Punk? Rüpel-Folk? Oder schlicht herrlich blöder Assi-Kneipen-Rock? Egal. Denn im Zeitalter von Rippenentfernungen, um die Plastikhupen besser zur Geltung kommen zu lassen, ist es nur recht und billig, wenn der Weißbier-Spoiler adäquat ausgepolstert wird. Oder so. Und so komisch wie's klingen mag: Das funktioniert sogar unterhalb von zwei Promille. Ebenso wie das kaum weniger komische "Tramp killer", bei dem das Kopfkino irgendeinen schrottigen Streifen aus Oliver Kalkofes SchleFaZ-Reihe auf Tele 5 abspielen mag.

Nein, übermäßige Vergeistigung kann man Peter And The Test Tube Babies wahrhaft nicht vorwerfen. Und das ist gut so. Denn es ist absolut nicht verwerflich, wenn man zu "When girlfriends attack" fröhlich durch den Pit pogt, während Samples keifender Furien für Stimmung sorgen. Frauenfeindlich? Nö. Das ist dermaßen überzogener Humor, wie es eben nur Briten können. Man muss eben nicht alles ernst nehmen, sich selbst am allerwenigsten. Und genau deshalb ist "Crap Californian punk band" genau das richtige, um einen rappelvollen Pub in Ekstase zu bringen – vor dem geistigen Auge liegen sich vierschrötige Glatzköpfe grölend in den Armen, während "Pissedenstein" dermaßen over the top ist, dass dieses Suffliedchen nun wirklich nicht ernst genommen werden sollte. Ist das alles nun stumpfes Geblödel? Nein. Denn Peter Bywaters und Gitarrist Del "Strangefish" Greening sind genau deshalb vor knapp 40 Jahren in Brighton zusammengekommen, um mit ihrem Punk Pathetique der darbenden Arbeiterklasse ein wenig Zerstreuung zu verschaffen. Und das gelingt – ganz im Ernst! – Peter And The Test Tube Babies immer noch in feinster Manier. Nur nicht mehr in Amerika.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • In yer face
  • None of your fucking business
  • When girlfriends attack

Tracklist

  1. In yer face
  2. C U next Tuesday
  3. None of your fucking business
  4. Wrong
  5. Silicone beer gut
  6. Youth of today
  7. Say what you want
  8. Tramp killer
  9. When girlfriends attack
  10. What next
  11. Crap Californian punk band
  12. Honesty
  13. 17 red
  14. Pissedenstein
Gesamtspielzeit: 41:26 min

Im Forum kommentieren

wilson (ausgeloggt)

2017-09-30 11:02:50

abgestandener altherren-punk, boring! 7 punkte sind zu viel!
"the mating sounds of south american frogs" lege ich allerdings immer noch gerne auf.

Armin

2017-09-27 20:19:46- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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