Miley Cyrus - Younger now
RCA / SonyVÖ: 29.09.2017
Return to innocence
Schluss mit dem ganzen Unfug. Dem halbnackten Getwerke, der omnipräsenten Zunge, den überlangen Endlosalben über "Milky milky milk". Die Kursänderung, die Ex-Preteen-Role-Model Miley Cyrus mit ihrem sechsten Album "Younger now" vollzieht, ist so überdeutlich, dass man direkt versucht ist, nach der ironischen Brechung zu suchen. Doch da sind nur gezuckerte, sonnendurchtränkte Popsongs, die mal mehr, mal weniger in den Country abtauchen. Es ist vielleicht nicht "Hannah Montana", aber "Bangerz" sind auch Fehlanzeige. Gäbe es die schöne Wortkreation "gefühlsdöselig" in der deutschen Sprache noch nicht, man müsste sie extra für "Younger now" erfinden. Ein wenig fühlt man sich an Madonnas Image-Geradebiegen von "Bedtime stories" aus dem Jahr 1994 erinnert. Doch seit damals hat sich die Welt weiter gedreht, es gibt nichts zu entschuldigen. Nehmen wir also an, dass Cyrus diese neue Richtung aus einer Laune heraus einschlägt.
Melodisch ist das zum Großteil recht stark, vor allem wenn dann der Schritt zur kleinen Hymne wie im Opener und Titeltrack gemacht wird. "Feels like I just woke up", singt Cyrus zu Anfang mit ihrer gewohnt leicht angekratzten Stimme und gibt damit auch in etwa das Stimmungsbild des folgenden Songreigens vor: nie zu aufdringlich, nie zu dick auftragend. "Living in a rainbowland / Where you and I walk hand in hand" – der innere Hippie ist nach wie vor da, nur braucht es keine Lieder über Gras und Sex mehr. FSK 6 ist angesagt, für den älteren Rest der Familie ist Dolly Parton mit von der Partie, nach dem Feature auf Keshas "Rainbow" nun eben auch bei Mileys "Rainbowland". Der Country-Faktor ist auch im folgenden "Week without you" hoch, welches vor allem mit seiner hübschen Abendrot-Stimmung punkten kann.
"Younger now" ist unendlich lieblich geworden, selbst eine textlich etwas schärfere Abrechnung wie "Love someone" traut sich nur ein wenig mehr Wumms im Beat als das umgebende Schubidu. Was die Popstars in jüngerer Zeit an Slide Guitar und Cowboy-Sentimentalität gefressen haben, weiß der Geier. Aber wenn Taylor Swift von Country in den Elektropop diffundiert, muss es wohl Gegengewichte geben. Cyrus' Songs besitzen jedoch nicht die Vielfalt und den Schwung wie beispielsweise Lady Gagas "Joanne" oder das erwähnte "Rainbow" von Kesha, sondern dudeln recht unspektakulär vor sich hin. Besonders der Mittelteil der Platte zieht sich dadurch einigermaßen in die Länge, erst am Ende lässt die gelungene und schön sexualitätsverdrehte Showballade "She's not him" aufhorchen. "I just can't fall in love with you / Because you're not him / Yeah, she's not him."
Man mag vom überladenen "Miley Cyrus & her dead petz" halten, was man will, aber es hatte einige glänzende Highlights und war im Gesamtkontext ihrer Karriere eine spannende Anomalie. Bei "Younger now" fällt es hingegen schwer zu glauben, dass es in einem Jahrzehnt mehr als eine nette Fußnote in der Diskografie darstellen wird. Schwer berechenbar ist Miley Cyrus auch trotz der Zahmheit von "Younger now" und nach all ihren Irrwegen weiterhin. Was in der Zukunft folgt, ist aber hoffentlich wieder aufregender als diese Sammlung respektabler Harmlosigkeiten.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Younger now
- Week without you
- She's not him
Tracklist
- Younger now
- Malibu
- Rainbowland (feat. Dolly Parton)
- Week without you
- Miss you so much
- I would die for you
- Thinkin'
- Bad mood
- Love someone
- She's not him
- Inspired
Im Forum kommentieren
Mister X
2017-10-09 17:52:31
weil er mich im gegensatz zu den 00ern beeindruckt. geht weit mehr ueber die radio-singles hinaus.
Mr Oh so
2017-10-08 15:25:01
Pop war nie interessanter als in den 2010er Jahren !
Wieso?
nörtz
2017-10-08 13:19:21
Trotzdem werden die Charts von massenweise Dreck durchflutet. Chainsmokers zum Bespiel.
Mister X
2017-10-08 10:07:29
Pop war nie interessanter als in den 2010er Jahren !
nörtz
2017-10-06 15:08:00
Malibu ist immer noch toll.
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