Wolf Alice - Visions of a life

Caroline / Universal
VÖ: 29.09.2017
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

In die Stinkefingerchen kriegen

Wolf Alice wollen die Welt schocken. Doch will die Welt sich schocken lassen? "Yuk foo" sollte diese Aufgabe erfüllen, jene penetrante Vorabsingle mit all ihrer Wut und Zeilen wie: "I wanna fuck all the people I meet / Fuck all my friends and all the people in the street." In zwei Minuten zeigen Wolf Alice gleich, warum alle Musikjournalisten ihnen munter Grunge als Einfluss zuschrieben. Denn trotz Ellie Rowsells Ansage, dass Hardcore für die Nummer den Takt vorgab, kommt das Stück eher mutwillig rotzig und verwaschen daher. Einen Aufstand zettelt die Nummer nicht an, vielmehr ist das hier ein nettes Stinkefingerchen, das gerne so krachig wie ein Song von Melt-Banana oder The Distillers wäre. Am Ende reicht es aber eben nur für Wolf Alice. Immerhin. Ihr zweites Album "Visions of a life" lässt ansonsten den großen Schock vermissen. Die britische Band hat immerhin die besten Absichten bei diesem Aspekt. Versteigt sich aber zu sehr in Referenzen und einem unausgegorenen Sound.

Und das lässt sich zu fast jedem Song von "Visions of a life" schreiben. Wolf Alice haben einen eigenständigen Sound, aber können ihn nicht intensivieren, nicht auf seine Essenz runterbrechen. "Heavenward" nimmt Shoegaze mit und "Don't delete the kisses" schmiegt sich an den hymnenhaften Indie-Rock. Das passt alles schon irgendwie. Ihre Identität wechseln Wolf Alice bei diesen Sprüngen nicht, aber es fehlt einfach eine gemeinsame Substanz auf diesem Album. Daran trägt das Songwriting seinen Anteil: Rowsell bringt vor allem Phrasen und kaum konkrete Bilder hervor. Für den "Sadboy" bleibt nur die Feststellung: "Yeah, you think too much." Danke für nichts. Alles austauschbar, alles beliebig. Nicht eine Erzählung, nicht ein Gefühl kann dieses Album festhalten. Nach rechts wischen für den nächsten Kalenderspruch aus der Sammlung für Leute, die gerne Misanthropen wären, es aber aufgrund diverser Lieblingsmenschen doch nicht übers Herz bringen.

Dabei harmonieren Wolf Alice als Band wunderbar in den verschiedenen Rollen, lediglich das Drumming von Joey Amey kommt oft einfallslos wie in "Space & time" daher. Das reicht zwar, um die allgemeine Sehnsucht nach handgemachtem Rock zu befriedigen – doch mehr nicht. Wolf Alice tragen trotz aller Schwächen auf diesem Album weiterhin ihre Authentizität vor sich her. Dafür fällt die Band nämlich nicht genug aus ihren Rollen, sondern lotet nur die verschiedenen Facetten und Möglichkeiten aus, sich darin zu bewegen. "Beautifully unconventional" fungiert dabei nicht nur als Songtitel, sondern ebenso als Motto für "Visions of a life". Das hier ist so verrückt wie ein Sternchen-Tattoo am Handgelenk, nämlich gar nicht. Aber sowohl die Ansage als auch die Tinte am Körper wären es gerne. In ihrem Bestreben danach bedienen Wolf Alice nur konservative Strukturen des Rock. Kein Ausbruch, keine Wucht, keine Dynamik. Die Produktion steht diesem Dreisprung ebenfalls in Nichts nach. Durchschnitt mal zwölf. Die schöne Art des Unkonventionellen ist eben nur die nächste angepasste Schublade. Auf diesem Album geht es nicht nach vorne. Es geht nicht auf die Fresse. Es geht nur im Kreis hin und her. Pose und Sound passen. Das reicht nur zum Mittelmaß. Und das ist vielleicht das einzige Schockierende.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Don't delete the kisses

Tracklist

  1. Heavenward
  2. Yuk foo
  3. Beautifully unconventional
  4. Don't delete the kisses
  5. Planet hunter
  6. Sky musings
  7. Formidable cool
  8. Space & time
  9. Sadboy
  10. St. Purple & Green
  11. After the zero hour
  12. Visions of a life
Gesamtspielzeit: 46:27 min

Im Forum kommentieren

Robert G. Blume

2018-09-10 13:53:26

Wie ich oben schon schrieb: ja.

Gomes21

2018-09-10 13:42:13

Wer hat die schon mal live gesehen? Kommen die gut rüber?

Armin

2018-09-10 13:20:56- Newsbeitrag

12.12.18 - Heidelberg - Halle 02

13.12.18 - Köln - Gebäude 9

14.12.18 - Dresden - Beatpol

16.12.18 - Berlin - Columbia Theater

Tickets gibt es ab dem 14. September, 10 Uhr an allen bekannten VVK-Stellen und via TixforGigs.

Ellie Rowsell und ihre Londoner Jungs mögen zwar erst Anfang 20 sein, in ihrem Heimatland sind sie trotzdem längst absolute Role Models und Rockstars. Wolf Alice können wütend („Yuk Foo“) ebenso wie zärtlich („Don't Delete The Kisses“), dazu wildern sie stilistisch bei den großen Gitarrenbands der späten Neunziger und klingen trotzdem dermaßen frisch, als hätten sie diesen Sound selbst erfunden.

Das Debütalbum „My Love Is Cool“ chartete in Großbritanien auf Platz 12, mischte die Billboard-Charts auf und brachte dem Quartett Nominierungen für den Mercury Prize, den Grammy und die Brits ein. Außerdem kührte der NME Wolf Alice zur besten Live Band 2015. Zwei Jahre lang tourten Wolf Alice durch die Welt, u.a. in Australien, in China, beim Melt und Lollapalooza Festival oder in den USA, wo sie ihr aktuelles Album „Visions of Life“ in LA aufnahmen. Das Album stieg direkt auf Platz zwei der UK Album Charts ein. „Wahrhaft visionär zeigt die Platte, was weiblicher Indie im Jahr 2017“, schreib der Musikexpress zur Album Veröffentlichung. Ende 2018 holen wir Wolf Alice dann endlich wieder auf Tour!

Affengitarre

2018-05-30 19:30:56- Newsbeitrag

musie

2018-01-23 07:41:47

Auch ich war am Konzert in Zürich und auch mir hats Spass gemacht. Fast ausverkauft wars auch hier. Die Sängerin hat zwar zuweilen einen etwas gar traurigen Eindruck gemacht. Aber vielleicht ist das ihre Art und muss nichts heissen. Auf jeden Fall freue ich mich, die Band wieder zu sehen.

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