Macklemore - Gemini

Bendo / ADA / Warner
VÖ: 22.09.2017
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Ersguterjunge

Ist das Feiern der eigenen Uncoolness noch cool? Haben wir nicht längst den Zenit überschritten? Fest steht jedenfalls: König der selbstbewussten ironischen Brechung ist Ben Heggarty alias Macklemore, der mit "Thrift shop" die Hymne aller Second-Hand-Shopper schuf. Ehrensache, dass auch sein neues Album "Gemini" nicht mit derlei Absagen an jegliche Contenance geizt. Exemplarisch steht dafür "Marmalade", das auch noch passenderweise Paradiesvogel Lil Yachty mit ins Boot holte. Macklemore gibt den stark motorisierten und autogetunten Vorstadt-Cruiser – der sich aber an wichtigen Stellen einschränkt. "If I was single / I'd be right there with you / But I'm committed / Keep my dick in my britches." Nicht unbedingt die Wortwahl des gemeinen Checkers. Einerseits reißt die Masche von "Marmalade" kurzfristig durchaus noch mit, anderseits nervt sie aber sehr schnell.

"Gemini" ist Macklemores zweites Soloalbum, nach dem völlig unbeachteten Debüt "The language of my world" aus 2005 und zwei ungleich erfolgreicheren Platten mit Sparringspartner Ryan Lewis in den letzten Jahren. Nach genau denen klingt auch "Gemini" über weite Strecken – warum auch ein erfolgreiches Rezept verändern? Macklemore ist nach wie vor HipHop für Leute, die mit Gangsta-Anstrich wenig anfangen können und die Instrumentierung gern etwas organischer mögen. Das schon auf "The heist" und "This unruly mess I've made" gerne verwendete Klavier hat gleich am Anfang der Platte mehrfach Einsatz. Auch durch Eric Nallys heiseren Gesang gelingt der Opener "Ain't gonna die tonight" mit seinem Soul-Feeling ganz formidabel. Die erste Single "Glorious" verharrt im Vergleich etwas stark am Standard-Top-40-Schema mit ausgetretenen Whoo-hoo-Chören.

Es ist klar ersichtlich, dass "Gemini" trotz der Unterbringung zahlreicher Features musikalisch eine kohärente Reise darstellen soll. Von optimistisch swingenden Gute-Laune-Tracks über einen introvertierten Mittelteil mit härteren Trap-Beats und zurück, um am Ende die Erlösung in spiritueller Sanftheit zu finden. Es ist Macklemores Wandelbarkeit zu verdanken, dass sich in jedem dieser Teile Glanzlichter finden. So zum Beispiel das funkige "Levitate", das zum Schluss mit euphorischen Bläsern gen Sonne getragen wird. Das düstere, sich in Aggressivität steigernde "Over it", in dem Heggarty beinahe schon an Eminems beste Zeiten erinnert. Und mit "Miracle" eine einnehmende Ballade über das Zweifeln an sich selbst. "Gemini" steckt voller Potenzial. Zu dumm, dass es anderweitig so wenig genutzt wird.

Denn Macklemore schafft es nicht, die Qualität über eine Stunde Spielzeit aufrecht zu erhalten. Das mit Kesha entstandene "Good old days" suhlt sich in abgegriffener "Ach, damals"-Gefühlsdöseligkeit und langweilt. Die Kollaboration mit der US-Bluesband Reignwolf kann unter "misslungene Rap-Gitarren-Hybride" einsortiert werden. Und was Macklemore sich bei dem ultranervigen "How to play the flute" gedacht hat, will man lieber nicht wissen. Der Refrain besteht allen Ernstes aus mehreren Niesern, was vielleicht eine Allergie gegen die schrottige Flöte sein könnte. Auch war es nicht die beste Entscheidung, nach dem erwähnten schönen "Miracles" noch zwei ähnliche, aber ungleich schlechtere Balladen ans Ende zu stellen, die den Schluss unnötig lang ziehen.

Womit wir wieder bei Macklemores Drang sind, es allen recht zu machen und damit stellenweise gnadenlos baden zu gehen. Wenn er in "Intentions" aufzählt, dass er so gerne die Umwelt schützen möchte, aber lieber Auto fährt, zum Fitness will, aber zu faul ist, und so weiter, zielt das auf billiges Identifikationspotenzial. Besonders schlimm ist die strunzdumme Zeile "I wanna be a feminist / But I'm still watching porno". Wenn das Fazit lautet "What am I willing to sacrifice / At the expense of my ego?", wird deutlich, dass bei all dem gut gemeinten Aktivismus auch ein Stück Selbstdarstellung mitschwingt. In dieser Hinsicht bleibt Macklemore auch solo zwischen amüsantem Storytelling und grauenvoller Bedeutungsschwangerschaft hinter seinen Möglichkeiten. "The road to hell is paved with good intentions" heißt ein englisches Sprichwort. "Gemini" zeigt: Es ist immer noch aktuell.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ain't gonna die tonight (feat. Eric Nally)
  • Levitate (feat. Otieno Terry)
  • Over it (feat. Donna Missal)
  • Miracle (feat. Dan Caplen)

Tracklist

  1. Ain't gonna die tonight (feat. Eric Nally)
  2. Glorious (feat. Skylar Grey)
  3. Marmalade (feat. Lil Yachty)
  4. Willy Wonka (feat. Offset)
  5. Intentions (feat. Dan Caplen)
  6. Good old days (feat. Kesha)
  7. Levitate (feat. Otieno Terry)
  8. Firebreather (feat. Reignwolf)
  9. How to play the flute (feat. King Draino)
  10. Ten million
  11. Over it (feat. Donna Missal)
  12. Zara (feat. Abir)
  13. Corner store (feat. Dave B & Travis Thompson)
  14. Miracle (feat. Dan Caplen)
  15. Church (feat. Xperience)
  16. Excavate (feat. Saint Claire)
Gesamtspielzeit: 60:23 min

Im Forum kommentieren

Armin

2017-12-22 19:06:46- Newsbeitrag

Liebe Medienpartner & Freunde des guten Geschmacks,



auf den letzten Metern vor den Feiertagen gibt es das erste Geschenk von keinem geringeren als Macklemore und zwar in Form von einem neuen Video zu dem Song „Corner Store“:






Entende Fräge

2017-10-15 15:55:37

Was ist denn die Message?

Supporter

2017-10-15 14:25:43

mi mi mi

Supporter

2017-10-14 15:39:55

Da hat mal wieder jemand seine Message nicht verstanden..
Man sollte Kritik lieber sein lassen wenn man noch nicht einmal Macklemore‘s Nachnamen richtig schreiben kann!

Armin

2017-10-09 10:43:46- Newsbeitrag

Macklemore ab April 2018 auf Tour
Mit seinem neuen Soloalbum GEMINI kommt Macklemore im April nächsten Jahres für sechs Termine nach Deutschland
Der Bomber der Herzen präsentiert:
Macklemore
Gemini Europe Tour

17.04.2018 Oberhausen, Turbinenhalle
19.04.2018 München, Zenith
27.04.2018 Berlin, Columbiahalle
28.04.2018 Hamburg, Sporthalle
01.05.2018 Köln, Palladium
03.05.2018 Offenbach, Stadthalle


Tickets ab dem 13.10. um 9 Uhr auf Eventim

präsentiert von Intro, Juice, Bravo

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