The White Stripes - Elephant
XL / Beggars / ZombaVÖ: 31.03.2003
Die rote Armee
Und dann ist auf einmal alles anders. Jahrelang hatten Meg und Jack White in einer Detroiter Garage Dreck gefressen, ihren Minimal-Polter-Blues für ein eine Handvoll Leute auf Platten gepreßt und damit nicht einen mickrigen Cent verdient. Dann kam plötzlich der Hype über die Garagen von Motor City, die Stripes verkauften anderthalb Millionen Exemplare ihres furiosen "White blood cells" und durften sich urplötzlich Stars nennen. Als herauskam, daß die beiden nicht etwa Geschwister, sondern ein geschiedenes Ehepaar sind, lief die Klatschpresse wochenlang mit ausgebeulter Hose rum. Und unsere Kumpel vom NME wählten Jack gar zum coolsten Typ im Geschäft. It's a mad, mad world.
Dabei ist es natürlich wichtig und gut, daß eine Band wie die White Stripes auch außerhalb ihres Proberaum-Lochs gekannt wird. Eine Band, die ihr neues Album mal eben in 10 Tagen mit einer Ausrüstung einspielt, wie man sie sonst höchstens noch in Antiquitätenläden findet. Eine Band, die sich der Tatsache bewusst ist, daß es Rockmusik auch schon vor ihnen gab. Eine Band, die Ehrlichkeit und Anstand über Einnahmen und Absahnen stellt. Oder auf den Punkt gebracht: Eine Band, die das Gegenteil von Linkin Park ist.
9000 Dollar hat "Elephant" gekostet. Neuntausend. Und das hört man. Die Platte atmet staubtrockene Luft, ist praktisch nicht produziert, krächzt, knattert und quengelt in einer Tour. Wenn Jack White singt, weiß man, daß Leidenschaft von Leiden kommt, und wenn er neuerdings unverschämt verdreckte Gitarrensoli aus der Hüfte schießt, weiß man auch, wo der Hammer hängt. "Schwesterchen" Meg prügelt derweil tapfer ihren Bumm-Bumm-Rhythmus durch, und leiht sogar dem zappendusteren Schleicher "In the cold, cold night" ihre (schöne) Stimme. Mehr brauchen die immer noch nicht.
"Seven nation army" beweist – mit gefaketer Basslinie – tatsächlich die Kraft einer ganzen Armee, während das trashig überdrehte "Black math" Blut spuckt und aus allen Poren schwitzt. "There's no home for you here" stöbert zunächst in der eigenen Andenken-Kiste, bevor ihm ein völlig wahnsinniger Chor sämtliche Sicherungen rausschießt. Größenwahn, könnte man jetzt meinen und selbst dann nicht falscher liegen, wenn die Stripes Burt Bacharachs "I just don't know what to do with myself" entzuckern. Die sind wirklich so gut. Und noch viel besser.
Die Wut und die Kraft, die Unschuld und die Tapsigkeit eines Elefanten, darin findet die Band sich nach Jacks Worten wieder. Man weiß, was er meint, wenn ein Song wie "The hardest button to button" richtig ungemütlich wird oder "Ball and biscuit", das siebenminütige Herzstück der Platte, plötzlich von einer explodierenden Gitarre zerrissen wird. Auf der anderen Seite stehen Stücke wie das verspielte "The air near my fingers", in dem auf einmal eine Orgel mitzockt. Oder der herrlich naive Rausschmeißer, der zwinkernd mit der Presse abrechnet. "Well it's true that we love one another" singen die beiden zusammen mit Duettpartnerin Holly Golightly, nur damit Meg schelmisch "Yes, I love Jack White like a little brother" nachschieben darf. Ein Elefant vergisst eben nie.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Seven nation army
- I just don't know what to do with myself
- Ball and biscuit
- The air near my fingers
Tracklist
- Seven nation army
- Black math
- There's no home for you here
- I just don't know what to do with myself
- In the cold, cold night
- I want to be the boy to warm your mother's heart
- You've got her in your pocket
- Ball and biscuit
- The hardest button to button
- Little acorns
- Hypnotize
- The air near my fingers
- Girl, you have no faith in medicine
- It's true that we love one another
Im Forum kommentieren
2013-01-23 14:48:27
Das meiste, was hier genannt wird, rocken Kiss gnadenlos weg.
KnödelKalle
2013-01-23 13:54:11
Also dieses Video mit Kate Moss ist heute noch großartig!
dada
2010-10-30 14:25:36
ball and a biscuit!
Marianne
2010-02-04 17:55:59
Nö. (Da bin ich anderer Meinung.)
DerMeister
2010-02-04 17:45:01
Ihr zweitbestes würde ich sagen, auch wenn White Blood Cells eigentlich fast genau so gut ist. De Stijl bleibt meine Nr.1
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