
Mogwai - Every country's sun
Rock Action / PIAS / Rough TradeVÖ: 01.09.2017
Come on get old
Mogwai haben ein besonderes Verhältnis zur Jugend. Ihre Karriere brachte anfangs die beiden Alben "Young team" und "Come on die young" hervor, unlängst erst nannten sie einen Track "Teenage exorcists". Ist es Zufall, dass auf ihrer neunten Platte "Every country's sun" unter anderem diese Pfeiler als Eckpunkte dienen? Nach dem 20-jährigen Jubiläum und der umfassenden, abrundenden Best-Of "Central belters" stellt sich die Frage, was nun noch kommt. Mogwai selbst scheint bewusst geworden zu sein, dass ein neuer Quell der Inspiration gut tun würde. Zumindest deutet das die frische Energie an, die "Every country's sun" an allen Ecken und Enden versprüht. So geerdet, brachial und dynamisch hörte man sie zuletzt in den zuvor erwähnten Anfangstagen. Kein Wunder: Dave Fridmann, Produzent von "Come on die young", saß zum ersten Mal seit 18 Jahren wieder an den Reglern.
Die bewährten Post-Rock-Tüfteleien gehen nicht nur kompositorisch mehr in die emotionalen Extreme als die letzten Veröffentlichungen. Der Sound des Albums trägt außerdem einiges zur Lebendigkeit bei: Sieht man mal von der etwas übereifrigen Komprimierung ab, schafft "Every country's sun" die Vermittlung des Feelings, live im Studio dabei zu sein, um ein Vielfaches besser als seine Vorgänger. Es ist Welten entfernt von der hermetischen Abgeklärtheit auf "Rave tapes", das zeigte, wie dicht Perfektion und Sterilität beieinander liegen können. Schon Opener und Single "Coolverine" lässt das Schlagzeug von Martin Bulloch deutlich direkter ins Ohr krachen als gewohnt, auch wenn sich der elegante Track sonst in vornehmer Zurückhaltung übt. "Party in the dark", einer von zwei Vocal-Tracks, täuscht indes die Fortführung der Poppigkeit von "Teenage exorcists" an. Beide bleiben falsche Fährten, die noch nah an der jüngeren Zeit orientiert sind.
"Every country's sun" sucht vielmehr Referenzpunkte in Mogwais weiter zurückliegenden Vergangenheit, ohne sich daran zu klammern. Die euphorische Soundwelle, die sich in "Crossing the road material" aufbaut, kennt zumindest der alte Bandklassiker "Mogwai fear Satan" nur zu gut. "20 size" irrt dagegen apathisch durch nächtliche Landschaften wie ein paar der besten Stücke von "Come on die young". Lediglich "Old poisons" mag es mit seiner "Batcat"-Reminiszenz übertreiben, denn selbst der originale Breakdown in der Songmitte findet sich wieder. Dafür stimmt das Energielevel. Ohnehin: Die lärmigen Passagen krachen wie die Axt durchs Gebälk, dagegen stehen Ruhepole wie "aka 47" und "1000 foot face", die gefühlt kaum mehr als ein Flüstern im Raum sind. Das Resultat ist ein verdammt einnehmendes, packendes Album, das lebt und atmet. Ein Gesamtwerk, das sich ihre Diskografie-Highlights aus der Nähe ansehen kann.
So schaffen Mogwai – trotz immenser Vorarbeit seit 1996 – einige der eindrucksvollsten Momente ihrer Karriere. Zum Beispiel wenn "Don't believe the fife" nach vier Minuten Spannungsaufbau in ein gleißendes Soundfeuerwerk explodiert. Oder der grandiose dynamische Verlauf des endorphingetränkten, majestätischen Titeltracks, der einem bis dahin bereits tollen Album die Krone aufsetzt – ein wahrlich allumfassender Song! Wer glaubte, dass Mogwai in den letzten Jahren zu sehr im Elder-Statesmen-Modus gefahren sind, darf sich von ihrem neuesten Meisterwerk den Gehörgang durchpusten lassen. Rückbesinnung auf die Urspünge ist angesagt, gleichsam mit dem Blick auf Gegenwart und Zukunft. Für den Leitspruch "Come on die young" sind sie sicherlich mittlerweile zu alt. Solange sie noch imstande sind, Großtaten wie "Every country's sun" zu vollbringen, können sie jedoch gern musizieren, bis sie umfallen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Crossing the road material
- Don't believe the fife
- Every country's sun
Tracklist
- Coolverine
- Party in the dark
- Brain sweeties
- Crossing the road material
- aka 47
- 20 size
- 1000 foot face
- Don't believe the fife
- Battered at a scramble
- Old poisons
- Every country's sun
Im Forum kommentieren
Leech85
2021-03-16 15:38:06
Wahnsinns Album! Einfach ihre beste.
Crossing the Road Material ähnelt natürlich How to be a werewolf. Aber das ist eher ein Kompliment. Der Song ist so dynamisch und steigert sich immer mehr und hat eine Melodie die nicht von dieser Welt ist.
Don't belief the fife ist so ruhig in den ersten 4 Minuten, wie früher einfach mehr elektronische sounds.Man spürt dass ein Ausbruch folgt, und wie!Er knallt voll rein und lässt einem nicht mehr los. Tja und dann ja dann kommt mit dem Schlusstrack das Meisterwerk welches die Band seit Mogwai fear satan nicht mehr geschrieben hat. Der Titeltrack sorgt dafür dass ich über 5 Minuten Gänsehaut habe. Der Song ist zwar simpel aber hat einfach wieder eine Melodie die mir den ganzen Tag im Kopf bleibt.Und diese Melodie versinkt in der Wall of sound. Jedoch nur leicht so dass man sie noch immer raushört. Ein besseres Ende einer Platte kann es nicht geben. Danke Mogwai für dieses Meisterwerk!
Given To The Rising
2020-10-01 19:51:47
Coolverine ist auch gut. Ich finde das Album eigentlich durchgehend gut. Die 90er- und 00er Alben waren dennoch besser.
The MACHINA of God
2020-10-01 19:23:00
Sone qualitative Zweiteilung wie bei dem Album find ich sonst nicht in ihrer Diskographie. Die ersten 6 Stücke find ich abgesehen von "Road material" gut aber unspektakulär. Ab "1000 foot face" wird es dann durchweg klasse. Nun ja.
Mr Oh so
2020-02-08 02:02:09
Wie oben gesagt, gibt es schon ein paar Selbst...äh...zitate.
Aber, hey! Crossing, Don't Believe The Fife und der Titeltrack alle 10/10. Wahnsinn.
The MACHINA of God
2020-02-06 22:51:23
HIerzu wurde ja in der Session schn genug gesagt. Aber ich wolle nochmal loswerden, wie toll die letzten 5 Stücke sind. Erst das beruhigende "100 Foot Face" und die erste Hälfte von "Don't believe the Fife", welcher dann ausbricht und die härtere Phase einleitet, welche ich in der Hinsicht als Diskographie-Highlight sehe. Und der Closer ist eh Gott. :)
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