Joseph Shabason - Aytche

Western Vinyl / Cargo
VÖ: 25.08.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Schön kaputt

Der Musik von Joseph Shabason wohnt ein leiser Zauber inne. Überwindet man das Denken in und Erwarten von festen Songstrukturen und lässt sich stattdessen auf diese fließende, ätherische Musik ein, so wird man reichlich belohnt. "Aytche", das Debütalbum des Saxofonisten, sollte man also auf dem Schirm haben. Kennt man den Typen? Joa, könnte man, zumindest, wenn man sich Destroyers jüngste Platten "Kaputt" und "Poison season" ins Gedächtnis ruft: Die smoothen Saxofon-Einsätze in Songs wie "Downtown", "Girl in a sling" oder "Bangkok" etwa verdanken wir Shabason. Auf seinem Soloalbum geht es dann jedoch weniger um Dekadenz und das exzessive Nachtleben als viel mehr um Todessehnsucht und Depressionen. Dafür benötigt er kaum Worte: Die neun hier versammelten, instrumentalen Tracks verzücken und verstören auch ohne lyrischen Überbau.

Klar, jetzt könnte man wieder schreiben, dass solche Musik etwas soundtrackhaftes hat, aber eine solche Kategorisierung greift beinahe zu kurz: "Aytche" braucht keine visuelle Ebene, hier zählt eher die Introspektion, der Blick nach Innen, der Bewusstseinsstrom. So fließt der entfernt an Baths erinnernde Titeltrack zunächst sanft und flächig vor sich hin, bevor immer wieder das Saxofon dazwischenfährt. Es klingt nach Aufbruch, nach Morgenröte im Großstadt-Dschungel. Doch Shabason kann auch weniger romantisch-verklärt. "Chopping wood" wird seinem Titel voll und ganz gerecht, lässt abseitige, düstere Klänge zu und offenbart eine andere Facette, die in dieser Musik ebenso ihren verdienten Platz hat. Zu Beginn des stimmungsvollen "Long swim" vernimmt man nur Rauschen, das Saxofon seufzt später einsame Töne in den Nachthimmel: Traurig, nachdenklich, in Moll getaucht wirkt die vom Plattenlabel als "Nu-Jazz" bezeichnete Musik in solchen Augenblicken. Intensiver Stoff.

"Tite cycle" funktioniert als elektronischer Einwurf, als ambientverliebter Ruhepol, der fünf Minuten zum Durchschnaufen schenkt. In diesem, wie auch in vielen seiner anderen Kompositionen, geht der Kanadier auf Forschungsreise, entdeckt mit seinem Saxofon im Gepäck irre Traumlandschaften aus sachten Beats und ätherischen Synthieflächen. Je nach Gemütslage unterstreicht sein Spiel die vorherrschende Stimmung, verfestigt den Eindruck, den man gewonnen hat. Die Schwankungen und Richtungswechsel, die sich durch sein Debüt ziehen, erzeugen dabei eine außerordentliche Spannung, der man sich nicht verweigern kann. Und die auch dem Häuptling von The War On Drugs, Adam Granduciel, zusagt: Nicht ohne Grund war Shabason schon auf "Lost in the dream" Teil der Studiocrew unserer jüngsten 10/10-Band. Mal sagen: Es gibt schlechtere Referenzen.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Aytche
  • Long swim

Tracklist

  1. Looking forward to something, dude
  2. Aytche
  3. Neil McCauly
  4. Smokestack
  5. Tite cycle
  6. Long swim
  7. Westmeath
  8. Chopping wood
  9. Belching smoke
Gesamtspielzeit: 40:41 min

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Armin

2017-08-23 21:32:38- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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