The Pains Of Being Pure At Heart - The echo of pleasure
Believe / SoulfoodVÖ: 01.09.2017
Tage der Wiederkehr
Weisheit des Tages: Alle Menschen werden irgendwann mal älter. Erstaunlich, nicht wahr? Und wenn Menschen älter werden – willkommen zur zweiten Weisheit des Tages –, verändern sie sich. Sah man verbeulte Jogginghosen und Turnschuhe in jungen Jahren noch als Universal-Garderobe für jeden Anlass an, trägt man irgendwann nur noch etwas, das man wohl als "Erwachsenen-Kleidung" bezeichnet. Ansichten, Geschmäcker, Gelüste – mit ein paar Jahren Unterschied ist alles plötzlich anders. Und manchmal ist das gut, manchmal ist das schlecht und manchmal, ja, da ist es irgendwie egal. Und so verhält es sich auch ein bisschen mit "The echo of pleasure", dem vierten Album von The Pains Of Being Pure At Heart. War das selbstbetitelte Debüt von 2009 noch eine stürmische Sommerliebe und der zwei Jahre später veröffentlichte Nachfolger "Belong" eine vertonte Festigung der eben noch frischen Beziehung, setzte sich "Days of abandon" mit den Höhen und Tiefen einer gereiften, erwachsenen Partnerschaft auseinander. Und "The echo of pleasure"? Tja.
Auch das neue Werk des Projekts von Kip Berman dreht sich um diese merkwürdige Ambivalenz der Liebe, die mal schwer, mal federleicht ist. Wieder wandelt der New Yorker zwischen Frohsinn und Melancholie, wieder verpackt er vermeintlich düstere Gedanken in farbenfrohe, laute Melodien. Die Idee wiederholt sich nun also, zudem spielt Berman satte acht Jahre nach "The Pains Of Being Pure At Heart" spürbar weniger mit all jenen kantigen Post-Punk-Elementen, die sein Schaffen einst ausmachten. Stattdessen setzt er vorzugsweise auf new-wavigen Achtzigerjahre-Euphorie-Pop, was stellenweise durchaus schön daherkommt, im Gesamten aber nicht vollkommen zu überzeugen weiß. Und doch sind sie immer noch da, diese unwiderstehlichen Charmebolzen wie "When I dance with you", das mit Synthies und Drums aus der Dose zuerst auf die Tanzfläche und dort dann schließlich alle Blicke auf sich zieht, oder auch "Anymore", dessen messerscharfe Gitarren im Kontrast zum butterweichen Gesang erst so richtig zur Geltung kommen. Genau das will ausgerechnet dem Opener "My only" nicht so wirklich gelingen, der sich gefällig einzuschmeicheln versucht und es doch nicht schafft, auch nur eine Sekunde über seine Spielzeit von nicht ganz fünf Minuten im Ohr zu bleiben.
Wild durch die Gegend hüpfend lässt der Titeltrack von "The echo of pleasure" derweil den Sommer ausklingen und erinnert, wenn man beide Augen ganz fest zukneift, sogar ein bisschen das Erstlingswerk und die stürmische Liebe von einst. "So true" lässt diese Erinnerung wie eine Seifenblase platzen und benutzt dafür statt einer kleinen Nadel gar den Stakkato-Rhythmus-Hammer. Das wirkt beim ersten Hören durchaus so austauschbar wie Allerwelts-Radio-Musik, gefällt beim zweiten Durchgang aber schon etwas mehr. "Stay", der mit Abstand ruhigste und spannungsärmste Song des Albums, zündet ebenso erst nach einigen Startschwierigkeiten, was gerade beim Abschlusstrack so ironisch wie doppelt bitter ist. "The echo of pleasure" ist nie schlecht, aber manchmal fast schon zu bequem, zu festgefahren. Es ist wie die alte Lieblings-Jogginghose, die oft ganz hinten im Schrank liegt, ab und zu aber noch hervorgekramt wird. Bisschen durchgesessen am Hintern, an den Beinen verbeult, der Bund verzogen. Da kennt man jeden Fleck, jede kaputte Naht, jede verwaschene Stelle. Auf die Straße würde man darin wohl nicht mehr gehen. Und trotzdem – manchmal braucht man das gute Stück, nur um sich wohlzufühlen und an Früher zu denken.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Anymore
- When I dance with you
- The echo of pleasure
Tracklist
- My only
- Anymore
- The garret
- When I dance with you
- The echo of pleasure
- Falling apart so slow
- So true
- The cure for death
- Stay
Im Forum kommentieren
qwertz
2017-09-07 22:04:42
Für mich haben sie mit "Belong" ihr All-killer-no-filler-Album hingelegt. Eine meiner liebsten Alben ever. "The Echo of Pleasure" hat nette Pop-Hymnen, genau wie boneless es beschreibt, aber so wirklich packend find ich da vieles nicht mehr. "The Cure for Death" noch am ehesten. Vielleicht fehlen mir auch einfach die Schrammelgitarren.
Felix H
2017-09-07 18:51:19
Dieses Gefühl habe ich auch schon immer und es gibt nicht ein Album, auch nicht das Debut, wo man merkt, dass hier der gesamte Genius ausgeschöpft wurde.
Gut gesagt. Genau geht es mir auch immer bei der Band. Eine Best-Of wäre da der totale Überflieger.
boneless
2017-09-07 18:25:55
Ach das Album ist schon gut, aber seit dem ersten Album hab ich bei den nachfolgenden immer das Gefühl gehabt, dass da einfach noch mehr gehen würde.
Dieses Gefühl habe ich auch schon immer und es gibt nicht ein Album, auch nicht das Debut, wo man merkt, dass hier der gesamte Genius ausgeschöpft wurde. Andererseits macht dieser leicht schusselige Charakter diese Band auch irgendwo aus und liebenswert.
Zur neuen Platte: jene klingt wie ein Soundtrack zu einem x-beliebigen Highschool/Collegestreifen. Das kann man scheiße finden oder Spaß daran haben. Ich wähle Letzteres, denn The Echo of Pleasure ist einfach herrlich naiv, total romantisch und überzeugt mit seiner nachlässigen Art fast schon auf ganzer Linie. Das schließt zwar auf längere Sicht auch eine längere Halbwertszeit aus, bringt aber momentan einfach ein gutes Gefühl ins Ohr. Manchmal braucht man halt derart unbekümmerte Popsongs, die sich einen Scheiß um irgendwelche Trends scheren und ohne Umwege mit ordentlich Kitsch und Pathos den Gehörgang verkleben. Denn wenn man nicht gerade dabei ist, den alten Tagen dieser Band nachzuheulen (was leider viele ehemalige Fans gerade tun), kann man viel Freude mit so unbeschwerten Stücken wie Anymore, dem furchtbar überzuckerten When I dance with you, Falling Apart So Slow und meinem persönlichen Highlight The Garret haben. Jener Track lässt im Refrain einfach derart die Sonne aufgehen, wie ich es so länger nicht mehr erlebt habe. Dieses Gefühl für kleine, große Melodien schätze ich einfach an Kip Berman. Ähnlich auch bei So True, der sich einfach mal schamlos bei (aktuellen) Coldplay bedient und denen trotzdem zeigt, wie ein pompöser Stadionsong zu klingen hat. Übrigens verziert mit dem leicht hinreißenden Gesang von Jen Goma (A Sunny Day in Glasgow). Alles in allem klingt das zwar jetzt deutlich besser, als ich die Platte vllt. rational bewerten würde, aber wer so charmant umgarnt wie die Pains, braucht (zunächst) keine Bewertung in nackten Zahlen. Eine Sommerplatte, die im September sich noch das ein oder andere Mal laufen wird.
musie
2017-08-31 23:39:06
Eigentlich ist das Album grossartig. Hab heute Geburtstag und es hat mich erwischt... Herz geschichte... i Stay with you...
Dorado
2017-08-30 22:39:36
Ach das Album ist schon gut, aber seit dem ersten Album hab ich bei den nachfolgenden immer das Gefühl gehabt, dass da einfach noch mehr gehen würde.
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