Leon Francis Farrow - King future
Listen / Broken SilenceVÖ: 11.08.2017
Vagabunden auf dem Hypetrain
Schon 2016, als das selbstbetitelte Debüt herauskam, war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis die vier Jungs von Leon Francis Farrow in einem alten Karren eine ganze Nacht durch genau zu dem Gig fahren, der ihnen den großen Durchbruch beschert. Jetzt, da "King future" das Licht der Welt erblickt hat, und einige Bands an dem Quartett aus Berlin zwar nicht unbedingt qualitativ vorbeigezogen sind, aber definitiv mehr Beachtung finden, könnte sich durchaus Enttäuschung breitmachen. "I don't want this anymore", die erste Single-Auskopplung, kommt entgegen der Erwartungshaltung erfrischend unbefangen daher und bäumt sich zum Finale aller unterschwelligen Melancholie entgegen in einem mehrstimmigen Chor auf. Sorgen muss man sich um das Gemüt der Jungs also nicht. Solange sie ihre Musik haben, interessiert es sie eben nicht, wer in der ersten Klasse des Hypetrains mit Champagner um sich wirft. Leon Francis Farrow darf man sich eher als die blinden Passagiere in den Güterwaggons vorstellen, die durch Jack Kerouacs "On the road" blättern, verträumt den vorbeiziehenden Bäumen nachsehen und den Hobos mit ihren Liedern ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.
"King future" kann einem allerdings auch auf der heimeligen Couch ohne Weiteres die Mundwinkel nach oben ziehen, wenn das starke Riff von "The Liverpool deceased" in die Gehörgänge peitscht oder "Plaything" jedes Bein dieser Welt dazu einlädt, mit dem Fuß im Takt zu stampfen. Neben Indie-Rock haben Leon Francis Farrow zwar wie auf dem Debüt noch immer Punk, Americana, Blues und Folk im Gepäck und schaffen aus den Versatzstücken großer Vorbilder wie The Strokes oder Wilco einen eigenen eklektischen Sound. Während der Erstling allerdings meist düster durch die Nacht fuhr und nur selten mit poppigen Hooks aufs Gas drückte, knarzt "King future" wesentlich lässiger und eingängiger über die Landschaft. Munter und teils etwas größenwahnsinnig ruft Phil Nemeths noch immer gequälte Stimme einfache Wahrheiten wie "There's too much money in sports and art" und singt sich den Frust mit jeder Menge Spiellaune aus den Gliedern. Wer braucht schon ein teures Auto oder "Money from the people", wenn man ein Mädchen an der Hand und Freude an dem hat, was man tut?
Klar ist das kitschig, aber Leon Francis Farrow zeichnet es aus, dass sie ihren teils triefenden Pathos nicht gleich hinter Ironie verstecken, sondern dafür der jeweiligen Laune ungefiltert freien Lauf lassen. Sind sie in einem Moment noch verliebt, besingen sie kurz darauf schon euphorisch "I'm about to cheat", sind in "Lily" todtraurig und konstatieren kurz vor Schluss "I know you're gonna find a lover soon." "King future" ist dementsprechend auch kein sonderlich kohärentes Album geworden. Wenn allerdings das großartige "Harvest" verklingt, hallt die Frage nach: "The heartache has come / Let's see how much love we have left in there." Und man weiß, ein wenig Liebe hat man unter all den größeren Namen auch für Leon Francis Farrow reserviert.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The Liverpool deceased
- Lily
- Harvest
Tracklist
- I don't want this anymore
- The Liverpool deceased
- Wait till the lover comes
- For the common
- Money from the people
- Lily
- You're such a shame
- Plaything
- I'm about to cheat
- Heavy roller
- Just like grown up women do
- Harvest
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Armin
2017-08-23 21:30:27- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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