Philipp Dittberner - Jede Nacht

Grönland / Rough Trade
VÖ: 18.08.2017
Unsere Bewertung: 2/10
2/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Kunst des Inhaltslosen

Steht deutscher Melancholie-Pop im Jahr 2017 vor seinem Ende? Nun, nicht im allseits verpönten Medium Radio. Aber wenn Jan Böhmermann mit Hilfe von Schimpansen einen wirren Hit schreibt, der zumindest mit Joris, Andreas Bourani und Co. mithalten kann, ist vielleicht die Zeit zum Umdenken gekommen. Nicht einmal zwei Jahre nach der Veröffentlichung seines Debütalbums "2:33" hat bei Philipp Dittberner wieder die Muse angeklopft. Beschert hat sie ihm 13 neue Songs über Alltagstragik und andere Wehwehchen. Veränderungen hatte sie leider keine dabei.

Dabei fängt "Jede Nacht" fast vielversprechend an: Für den titelgebenden Opener holte sich Dittberner Chima ins Boot – dank des Features mit DJ Marv bei "Wolke 4" hat der Marsch durch die Charts 2015 schließlich auch funktioniert. Und zumindest der könnte diesmal erneut gelingen, denn die Suppe aus ungelenkem Gesang und der auffälligen Betonung des Wörtchens "aus" stammt offenbar aus dem gleichen Topf wie Mark Forsters "Flash mich". Unglücklicher Zufall oder weitreichende Inspiration? Alleine bleibt dieses Stück jedenfalls nicht. Auch die Zeile "Im Dunkeln klingt dein Lachen wie Applaus" in "Standby" klingt schon für sich absurd genug, doch bei kurzem Nachdenken ist klar: Hier haben wir es mit einer kränklichen Mixtur aus Enno Bunger und Sportfreunde Stiller zu tun, die eigentlich nicht einmal in den düstersten Albträumen laufen sollte.

Aber "Jede Nacht" wäre kein gebührender Nachfolger, wenn nicht auch viel eigene Unzulänglichkeit darin stecken würde. Dittberner schleicht ansonsten vielleicht auf völlig ausgelatschten Trampelfaden herum, aber mit "Wolke 4" hat er die Kunst, auf ach so subtile Art Körbe zu verteilen, praktisch erfunden. Das abschließende "In der Garage meines Herzens" stellt das noch einmal unter Beweis, wobei auch dieses Schlusslicht nicht einmal matt funzelt: "In der Garage meines Herzens steht viel Krempel und eben auch noch Du." Merkt der 27-jährige nicht selbst, welche romantisierte Inhaltslosigkeit er da ausspuckt? Was für hirnrissige Unter-der-Dusche-Gedanken er hier zu Papier bringt? Es ist nicht der Fernseher, der dumm macht, es ist Plattitüden-Pop wie dieser.

Der Versuch, diese verbalen Gestank musikalisch noch zu retten, wird gar nicht erst unternommen. Dittberners hohle Parolen sollen offensichtlich nicht untergehen und sehen sich darum der immergleichen Sechssaitigen gegenüber. Nur war das sympathische Bild des Jungen mit der Gitarre schon überholt, als der junge Bob Dylan noch durch die Straßen New Yorks gewandert ist. Ja, deutscher Melancholie-Pop ist am Ende, allerdings nicht erst im Jahr 2017. Und bis das überall ankommt, wird es wohl auch noch dauern.

(Lena Zschirpe)

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Highlights & Tracklist

Highlights

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Tracklist

  1. Jede Nacht (feat. Chima)
  2. Ich bin immer noch da
  3. Bunte Vögel
  4. Geschlossen wegen gestern
  5. Winter
  6. Ein Jahr tarnen
  7. 3 Jahre
  8. Ein Teil
  9. Standby
  10. So gleich
  11. Tote singen lauter
  12. Unser Buch
  13. In der Garage meines Herzens
Gesamtspielzeit: 37:53 min

Im Forum kommentieren

Liese Lotte Pulvver

2017-08-30 22:49:53

Dieses Album ist doof. So will es das Gesetz.

lol

2017-08-30 22:45:20

Pauschaler Veriss?

Besagte Platten sind alle Müll und haben eher noch weniger als die gesetzte Punktzahl verdient.

musie

2017-08-22 16:15:02

Finde das Album zwar hintenraus nicht so toll.. gäbe wohl 5/10 und beste songs Winter und Immer noch da.. Trotzdem ist der pauschale Verriss vom Deutschpop daneben. Aber kommt natürlich gut an, schon klar.

musie

2017-08-22 16:05:52

Was hat denn die gute Lena Z hier schon zerrissen? Aha, Silbermond, Revolverheld, Adel Tawil, die erste von Dittberner... Scheint ein Problem mit dem Genre zu haben... Wer hat ihr denn das Joris Album weggenommen... Tagträumer wäre auch noch was für die. Oder das Comeback von Virginia Jetzt...

Äh was

2017-08-18 10:50:18

Wiiiiiiiieeeeee???

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