Sondaschule - Schere, Stein, Papier

BMG / Warner
VÖ: 07.07.2017
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Der gute alte Stein

Armer Bart Simpson. Immer, wenn ein Streit per "Schere, Stein, Papier" zu lösen ist, greift er zum guten alten Stein und verliert damit gegen Lisa, weil er eben zu einfältig ist. Vielleicht sollte man den Jungen allerdings sogar beneiden, bleibt er so doch seinem Wesen treu, selbst wenn er dafür ein paar Niederlagen einstecken muss. "Dumm aber glücklich", einer der bekanntesten Songs von Sondaschule, könnte durchaus das Lebensmotto des zehnjährigen Schmalspur-Rebellen sein. Gerade einem fünfzehnjährigen Bart müssten auch weitere Tracks der Ruhrgebiet-Punks mit vielsagenden Zeilen der Marke "Aus meiner Freundin hängt ein Faden" und Titeln wie "Tausche Alkoholsucht gegen Liebe" durchaus gut gefallen. Anders als Die Kassierer, der andere Punk-Export aus dem Pott, sind Sondaschule auf "Schere, Stein, Papier" lange nicht mehr dieselben wie noch zum Beginn ihrer Karriere vor 18 Jahren. Ob das Bart Simpson wohl gefallen würde?

Musikalisch hat sich der flotte Punk ihrer Anfangstage schon früh mit Ska vermischt. Mit "Schere, Stein, Papier" ist der Ton ganz in der Tradition des Vorgängers "Schön kaputt" wesentlich massentauglicher, Piano-Balladen der Marke "Goldene Tapete" oder das kitschige "Mein Herz" wären beispielsweise auf "Rambazamba" noch undenkbar gewesen. Erwachsenwerden nennt man so eine Wandlung ja gerne. Und selbst, wenn es bei Künstlernamen wie Costa Cannabis kaum zu glauben ist, sind Sondaschule auch textlich erwachsen geworden, thematisieren sie nun nicht mehr Tampons und Alkohol, sondern in "Palermo" die Flüchtlingsthematik, während "Ostberlin" gegen die Bild, NSDAP und AFD wettert. Gesellschaftskritisch? Klar. Herz an der richtigen Stelle? Durchaus. Spannend oder clever kommt "Schere, Stein, Papier" jedoch eher selten daher, gehen die ehemaligen Punks doch nie weiter als das, was eigentlich ohnehin mehrheitsfähiger Konsens ist.

So hat "Waffenschein bei Aldi" neben der schön-absurden Grundidee, nettem Upbeat und gescheiten Saxofon-Klängen alles außer ernsthafter Provokation im Angebot. Zudem benötigt es auch spätestens seit "Wenn Aldi-Tüten träumen" von Die Doofen keiner weiteren Wortspiele aus "Aldi" und "all die". Bestachen Sondaschule einmal mit originellen und bescheuerten, im angetrunkenen Zustand aber spaßigen Texten, sagen sie nun statt Namikas "Lieblingsmensch" halbherzig dem "Arschlochmensch" hallo und lassen über diese Variation hinaus kaum etwas Eigenständiges erkennen. Der Großteil gelingt dabei zwar nicht schlecht, der Opener "Amsterdam" geht fein ins Ohr und mit "Zu kurz um lang zu denken" gelingt ein nostalgisches Highlight. An "Schere, Stein, Papier" zeigt sich dafür, wie häufig das Label "erwachsen" nur die schönere Formulierung für "langweilig" ist. Lieber wäre man doch wie Bart Simpson: Immer zehn Jahre alt, immer der gleiche liebenswerte und unterhaltsame Trottel, der jedes Mal den guten alten Stein nimmt. Das ist zumindest besser als ein Langweiler mit der Auswahl aus "Schere, Stein, Papier" im Repertoire.

(Marcel Menne)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Amsterdam
  • Zu kurz um lang zu denken

Tracklist

  1. Amsterdam
  2. Waffenschein bei Aldi
  3. Schere, Stein, Papier
  4. Palermo
  5. Mond
  6. Ostberlin
  7. Arschlochmensch
  8. Gold digger
  9. Du und ich
  10. Nicht immer leicht
  11. Zu kurz um lang zu denken
  12. Mein Herz
  13. Goldene Tapete
Gesamtspielzeit: 45:24 min

Im Forum kommentieren

Rapper ohne Mippmipp

2017-07-13 17:26:49

Stadt Land Fluss anyone?

keenan

2017-07-13 11:50:59

was ist mit brunnen, feuer, wasser und wurm? die fehlen noch ;-)

Armin

2017-07-12 21:06:56- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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