ShitKid - Fish

PNKSLM / H'Art
VÖ: 02.06.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Das Schrottkehlchen

"Big fish theory"? Hat bestimmt einiges für sich. Der Kollege Sennfelder weiß schließlich, was er schreibt. Doch auch kleine Fische können nützlich sein. Zum Beispiel jene, die Schuppenflechte-Patienten ihre Krankheit wegknabbern, auch wenn Fachleute Zweifel an der Wirksamkeit dieser Methode anmelden. Das Problem ist nur: Åsa Söderqvist alias ShitKid mag diese Fische nicht. Eigentlich mag sie gar keine Fische. Was die Göteborgerin aber nicht daran hindert, diese im Titel ihres ersten Albums zu verewigen. Schon die Debütsingle "Oh please be a cocky cool kid" war nämlich nicht nur eine flutschige, Suicide mit Bubblegum paarende Lo-Fi-Angelegenheit, sondern auch eine treffliche Selbstcharakterisierung der 24-Jährigen. Und auch in den Songs von "Fish" stecken genauso Rhythmusmaschinen am Rande des Schalt-Kreislaufzusammenbruchs und ungemütliche Gitarren wie kieksige Schwärmereien und barmende Teenage- beziehungsweise Twentysomething-Angst.

"Baby are you out of your mind / Never seen a girl like me" – mehr Worte braucht Söderqvist dann auch nicht für den entrückten Opener, in dem sie es offenbar gar nicht fassen kann, dass der Angebetete sie tatsächlich verschmäht. Die Keyboards glitzern wie Sternenstaub, die Beatbox humpelt wie ein geschundenes Herz nebenher. So klingt es, wenn man ein kleines Lied aus der Mülltonne fischt und große Popmusik daraus macht. Zumindest so groß, wie man durchgeschmorte Analog-Synthesizer übereinander stapeln kann. Ähnlich niedergeschlagen in der Ecke hängt die Skandinavierin auf "Fish" nur noch beim abschließenden Spielzeugorgel-Boogie "Gettin' mad" – aber wenn ShitKid in "Sugar town" zu runtergehungertem Surf im klapprigen Volvo die Schrottkehlchen-Version von Nancy Sinatra gibt, hat der Hörer plötzlich den monotonsten Ohrwurm aller Zeiten intus und vergisst den ganzen gefühligen Mist. Wenigstens bis die Schwedin im nächsten Stück wieder "Alright" mit den Jungs ist und es besonders dreckig rasseln lässt.

Ein phänomenaler Auftakt eines großartig verpeilten Albums über die Liebe, einsame Wochenenden und glitschige Meeresbewohner, das aufgrund seines reduzierten Versuchsaufbaus diese runtergerockte Qualität danach jedoch nicht mehr zu übertreffen vermag. Trotzdem hat ShitKid in nur knappen 30 Minuten viele Geistesverwandte: In ihren rhythmisch discofernsten Momenten könnte sie die Urenkelin des alteingesessenen New Yorker Noiserock-Katastrophenduos Big Stick sein, spuckt sie zickig Riffs in die Ecke, wirkt sie wie das störrische Scheißkind der Kills, und wo Sneaks-Frau Eva Moolchan Brummelbass und Blechdosen auffährt, kontert Söderqvist mit eiernden Drum-Machines und verstimmten Sperrmüll-Gitarren. Und gewagte Breaks oder industrielle Rüttelei sind auch in selbstvergessenen Singalongs wie "Likagurl" nicht ausgeschlossen. Merke: ShitKid can't be fucked with. Oder vielmehr doch. Immerhin gibt sie zu Protokoll, Sex sei ihre Lieblingsbeschäftigung. Mit "Fish" hingegen ist ihr eine zauberhaft schlichte Lieblingsplatte gelungen.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Never seen a girl like me
  • Sugar town
  • Alright

Tracklist

  1. Never seen a girl like me
  2. Sugar town
  3. Alright
  4. Two motorbikes
  5. Tropics
  6. On a Saturday night home
  7. Likagurl
  8. Fish at sea, right?
  9. Gettin' mad
Gesamtspielzeit: 28:21 min

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Armin

2017-07-12 21:06:03- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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