Amplifier - Trippin' with Dr. Faustus

Rockosmos / Al!ve
VÖ: 14.07.2017
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ohrensause

Wer Amplifier schon einmal live erlebt hat, weiß, wie schön es sein kann, wenn die Ohren sausen. Das Quartett erzeugt nämlich mit Hilfe unzähliger Effektgeräte eine Wall of Sound, die Phil Spector die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte. Sel Balamir und seine Kollegen wissen, wie man Schallwellen waffenfähig macht. Mit "Trippin' with Dr. Faustus" erscheint nach einer dreijährigen Auszeit nun das sechste Studioalbum der Band und setzt circa dort an, wo seinerzeit "The octopus" endete. Passé sind die relativ kompakten Songs von "Mystoria", was schon ein Blick auf die Tracklist offenbart: Sechs von zehn Stücken sind länger als sechs Minuten. Auch kompositorisch markiert das Album eine Rückbesinnung auf alte Stärken.

Das bedeutet zuallererst: Riffs, Riffs, Riffs. Eines fetter als das andere. So driftet "Kosmos (Grooves of triumph)" in Gefilde ab, die die Band in dieser Form zuletzt auf ihrem Debüt erkundete. Balamir und Steve Durose schichten Spur um Spur aufeinander, während die Rhythmussektion ebenso stoisch wie effizient ihr Werk verrichtet. Die große Kunst der Musiker besteht darin, vertrackte Ideen mit eingängigen Grooves und Melodien zu kombinieren. Dass beispielsweise "The commotion (Big time party maker)" harmonisch alles andere als leichte Kost ist, fällt aufgrund der prägnanten Lead-Melodien erst bei genauerem Hören auf. Zusammengehalten werden die komplexen Akkordwechsel von einem Bass-Sound, der mit "brachial" noch gutmütig beschrieben ist.

Dass Balamir flinke Finger besitzt, ist kein Geheimnis. Die Soli, die er auf "Trippin' with Dr. Faustus" einstreut, gehören jedoch zu den besten der an musikalischen Höhepunkten nicht armen Karriere des Gitarristen. Hierbei verfällt er jedoch nie in Mucker-Onanie, sondern stellt seine Virtuosität stets in den Dienst der Songs. Textlich gibt es die übliche Mischung aus Science-Fiction, Drogenfantasien und durchgeknallter Metaphorik. Zeilen wie "Hey misstress freak / Are you living in a dream?" sinnig klingen zu lassen, muss dem Frontmann erstmal jemand nachmachen. Als echter Glücksgriff erweisen sich die Gastauftritte der Sängerin Beth Zeppelin. So profitiert besonders das euphorische "Big daddy" immens von der Leistung der Vokalistin. Doch auch ohne weibliche Hilfe macht Balamir stimmlich eine gute Figur, was vor allem die Falsettpartien unterstreichen.

Als echte Überraschung entpuppt sich diesbezüglich "Anubis": Der Song begnügt sich mit Akustikgitarren und zurückhaltendem Folk-Gesang und verzichtet auf den großen Ausbruch. Im Vordergrund stehen die Gesangsharmonien, die Erinnerungen an "Because" der Beatles wecken. Die Ruhe währt jedoch nur kurz, denn die Phase der halben Sachen hat die Band hinter sich gelassen. In vielerlei Hinsicht ist "Trippin' with Dr. Faustus" das Album, das herausgekommen wäre, wenn bei "The octopus" alles Überflüssige gestrichen worden wäre. In der Schweiz würde man sagen: "Es knallt ohne Unterbruch." Selbst das Cover knallt, und zwar in einem Gelb, das Synapsen grillt. Aber das Wort "Understatement" kennen Amplifier nur aus dem Wörterbuch.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Freakzone
  • Kosmos (Grooves of triumph)
  • Big daddy
  • Anubis

Tracklist

  1. Rainbow machine
  2. Freakzone
  3. Kosmos (Grooves of triumph)
  4. The commotion (Big time party maker)
  5. Big daddy
  6. Horse
  7. Anubis
  8. Supernova
  9. Silvio
  10. Old blue eyes
Gesamtspielzeit: 59:28 min

Im Forum kommentieren

keenan

2017-12-13 08:34:41

hm leider ist die record ep nach der fractal die schwächste wie ich finde. ziemlich belanglos...

gut dass die songs nicht auf die faust gekommen sind ;-)

Der Frage Lösung

2017-11-30 17:55:48

Bandcamp, EP namens "Record", morgen wird wird die gesamte 4-Track-"Resterampe" vom letzten Album dann veröffentlicht.

The MACHINA of God

2017-11-30 15:48:47

Wo findet man den Song?

keenan

2017-11-30 07:43:20

Bin ja mal auf die anderen drei Tracks gespannt. Chase Away hat für mich jedenfalls den höchsten Nervfaktor von Amplifier.
Das hundertfach wiederholende "chaseaway away away away away" treibt einen in den Wahnsinn, bekommt man ja Kopfschmerzen...

keenan

2017-10-18 15:57:48

chase away finde ich jetzt eher mau...

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