Dead Heavens - Whatever witch you are

Dine Alone / Caroline / Universal
VÖ: 16.06.2017
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Wüste Rallye

Sich einmal fühlen, sich einmal anhören wie eine Stoner-Rock-Band: Hardcore-Legende Walter Schreifels gründete eigens für diesen Zweck eine Band, die mit allen acht Beinen knietief in den groovenden Neunzigerjahren steckt, während die fettigen Matten, so denn vorhanden, lässig umherschwingen. Dead Heavens heißt die Gruppe und besteht neben Schreifels – dessen musikalischen Stellenwert wir hier und heute sicherlich nicht noch einmal aufdröseln müssen, wir husten nur kurz: Gorilla Biscuits, Quicksand, Rival Schools – aus Bassist Paul Kostabi, Schlagzeuger Drew Thomas und Gitarrist Nathan Aguilar. Kennen Sie nicht? Dann sind Dead Heavens wohl ausnahmsweise mal nicht das, was wir eine "Supergroup" nennen. Auch wurscht, solange alles knarzt, scheppert und stürmt. "Whatever witch you are" will ohnehin nicht viel mehr, als einen nostalgischen Euphorieschub nach dem anderen auszulösen. Alleine das Cover macht unmissverständlich klar, in welche Richtung hier gedacht wird. Spoiler: Nach vorne ist es nicht.

Mit dem schlingernden Hall des Intros "Rainbow of the Ohm chart" startet die Platte, bevor wenig später die angenehm knusprige Gitarre von "Basic cable" den Referenzreigen eröffnet: Schreifels leiert in ihrer Begleitung und im lässig-gelangweilten Tonfall seinen Text herunter und erinnert dabei tatsächlich vor allem an Josh Homme und seine Wüstenbrüder. Einen viel entspannteren Einstieg kann man sich kaum vorstellen. Aber hey, Augen auf, Ihr Schluffis! Schon das folgende "Away from the speed" drückt, entgegen seines Titels, mächtig auf das Gaspedal und rast im Höchsttempo an Kakteen und kargen Landschaften vorbei, gönnt sich dabei sogar noch eine kleine Auszeit für ein leicht psychedelisches Intermezzo am Straßenrand und nimmt erst gegen Ende wieder Fahrt auf. "Bad luck child" senkt im Anschluss daran den Blutdruck und bereitet auf das ruhige, aber atmosphärisch dichte Herzstück des Albums vor: "The moon will listen (but not the sun)" schlendert mit spärlicher Instrumentierung durch die kühle Wüstennacht und entfaltet erst nach knapp vier Minuten sein volles, somnambules Potenzial, wenn sich Gitarre und Schlagzeug doch noch zu einem Wettstreit um die Vorherrschaft in diesem Song aufraffen können.

Im ausschweifenden und repetitiven Acht-Minuten-Jam "Gold tooth" lassen es Dead Heavens dann entsprechend fluffig angehen: Die Gitarre zieht ihre einsamen Kreise wie ein gieriger Geier über den purpur glänzenden Eingeweiden des Roadkill. Nach und nach spielen sich die vier Musiker in einen Rausch, vergessen dabei Zeit und Raum und vielleicht auch den roten Faden, aber um den ging es beim Stoner-Rock ja ohnehin noch nie. Dringlicher werden die US-Amerikaner wieder gegen Albumende: "Silver sea" groovt angenehm los und fadet zum Schluss ohne großen Bruch ins finale "Experience" über. Hier werden die Nebel wieder dichter, die schweren roten Samtvorhänge lassen nur wenig staubiges Sonnenlicht in die rauchverhangene Bude, Schreifels dehnt seine Vokale ins Unendliche, die Augenlider hängen schon längst nur noch auf Halbmast. Morgen wird Walter ein ordentliches Katerfrühstück brauchen.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Basic cable
  • The moon will listen (but not the sun)

Tracklist

  1. Rainbow of the Ohm chart
  2. Basic cable
  3. Away from the speed
  4. Bad luck child
  5. The moon will listen (but not the sun)
  6. Adderall highway
  7. Gold tooth
  8. Silver sea
  9. Experience
Gesamtspielzeit: 33:41 min

Im Forum kommentieren

The MACHINA of God

2017-06-28 17:48:23

Jepp, das stimmt. Schreifels war ja immer schon den knackigen Songs näher.

Nicolas Chains

2017-06-27 18:29:44

Ganz gutes Album geworden, was ich mit 7/10 bewerten würde. Walter kann also auch Stoner. Ein guter Mix aus dickflüssigen groovenden Nummern und angenehmen Uptempo-Tupfern zwischendurch. Meine Highlights wären Away from the Speed und Adderall Highway. Ein weiterer Pluspunkt ist meiner Meinung nach die Länge (oder in diesem Fall eher die Kürze) des Albums. Es hört genau dann auf, wann es aufhören sollte, ohne sich zu wiederholen oder zu erschöpfen, wie es bei Stoner-Sachen doch ab und an mal sein kann.

PT-Skalierer

2017-06-22 12:21:39

5/10 = befriedigend
6/10 = gut
7/10 = sehr gut
8/10 = sehr sehr gut
9/10 = sehr sehr sehr gut
10/10 = sehr sehr sehr gut

The MACHINA of God

2017-06-18 12:26:21

Ja, die Skala ist halt ziemlicher verschoben. 60% mit "gut" gleichzusetzen ist wohl einzigartig in der Welt. In der Schule und Uni ist das ungefähr ne 4.

Kevin

2017-06-17 22:42:46

6/10 = gutes Album. Mehr ist es in meinen Ohren nicht.

Unsere Skala ist ja seit jeher bekannt, wenn natürlich auch nicht unumstritten...

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