The Tidal Sleep - Be water
This Charming Man / CargoVÖ: 02.06.2017
Nach dem Sturm
Mit einem mächtigen Sturm verglich Kollege Smeets einst The Tidal Sleeps "Vorstellungskraft", den vorzüglichen Zweitling dieser hervorragend aufgestellten Hardcore-Mannschaft. Die aufgepeitschte See auf dem Cover selbigen Albums konnte weder die wahre Zerstörungskraft dieses Orkans hinreichend abbilden noch seine Ausdauer. Noch heute hallt der Watschn-Ohrwurm "Thrive and wither" dermaßen nach, dass man nicht umhinkommt zu sagen: Die Wogen glätten sich nur langsam. Aber sie tun es. Diesen Umstand spiegelt nicht nur das Artwork wider, das The Tidal Sleep für ihr neustes Brett ausgewählt haben, sondern auch der mit dem allumfassenden Element verknüpfte Albumtitel "Be water". Der Opener "Bandages" segelt noch zu sanfter Akustik-Brise los, doch dann rütteln erneut starke Böen am Kahn, den die Süddeutschen gekonnt zwischen brutaler Wucht und melodiöser Hingabe hindurchmanövieren.
Von einem ruhigen, in sich gekehrtem Album kann im Falle von "Be water" – wer hätte es anders erwartet – keine Rede sein. Analog zu den elf pluralistisch formulierten Songtiteln steht fest: Ein Sturm kommt selten allein. Der Fünfer schippert mehr im Hardcore denn in dessen Nachbar-See mit dem Präfix "Post". Steht mehr an der Seite von Bane oder Modern Life Is War, denn sich ins Fahrwasser der von Ruhe getragenen letzten Werke von La Dispute und Pianos Become The Teeth zu begeben. In "Poisons" etwa zieht das Schlagzeug an, das Stück braust zu flirrenden Gitarren auf und badet dabei in einer nachhaltigen Melodie. Zu den schnelleren und auch besten Songs zählt zweifelsohne "Spills" – und die Bassdrum ächzt im Maschinenraum unter Deck. Musikalisch finden die neuen Kompositionen aber nicht durchgehend an der obersten schäumenden Woge statt. In "Words" und auch im famosen Abschluss "Footsteps" tauchen The Tidal Sleep unter die Wasseroberfläche, atmen tief ein, lassen sich mit der Strömung treiben. Und finden sich prima zurecht.
"Be water" büßt aufs erste Ohr vielleicht ein wenig von der "Vorstellungskraft"schen Schlagkraft ein, traut sich stilistisch allerdings merklich mehr als der Vorgänger. "Undertows" startet furios in alter Refused-Manier, doch nach eineinhalb Minuten steht die Melodie im Fokus, zügelt die Atmosphäre die Wut, hüllt sie in sphärische Gitarrenteppiche und trägt sich auf cleanem Gesang selbst nach Hause. "Sogas", zu Deutsch "Strick" oder auch "Galgen", startet sanft, Sprechgesang mündet zunächst ins Spanische, im ersten Refrain richten sich die Härchen auf den Armen auf, und im letzten Drittel tickt der Song komplett aus. Selbst dezente Synthies vermögen diese wilde See nicht zu zähmen. Muss wohl so sein. Denn nach dem Sturm tritt bekanntlich vieles zutage, aber selten pure Ästhetik.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Spills
- Sogas
- Undertows
- Footsteps
Tracklist
- Bandages
- Spills
- Words
- Sogas
- Hearses
- Undertows
- Poisons
- Collapses
- Changes
- Wreckages
- Footsteps
Im Forum kommentieren
Armin
2017-05-31 21:06:31- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
Marian
2017-05-27 11:36:42
Wahnsinn. Hätte nicht gedacht dass es die Band schafft auf Vorstellungskraft nochmal einen drauf zu setzen.
Logarythms
2017-05-23 16:51:17
Stream: https://noisey.vice.com/de/article/hort-euch-sofort-das-neue-album-von-the-tidal-sleep-bei-uns-im-stream-an
Akim
2017-04-18 16:45:14
Mir fällt ehrlich gesagt auch keine bessere ein. :)
eric
2017-04-18 16:19:33
Beste Hardcore-Band hierzulande! :)
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