Polar - Bi
EastwestVÖ: 28.02.2000
Stimmen im Kopf
"All those voices in my head" - diese geflüsterte Zeile diente zur Untermalung eines T-Online-Spots ehe Manfred Krug und Charles Brauer dort das Ruder ergriffen. "Bipolar dream" heißt der Song dazu und Polar alias Eric Linder der Künstler aus der Schweiz, der unzählige Anfragen beim Internet-Anbieter und auch im Internet selbst nach sich zog.
Die ruhige Single "Bipolar dream" ist entgegen den sonstigen Gewohnheiten nicht eine Ballade unter einer Schar von Rocktracks sondern tatsächlich noch mit der lauteste Song auf dem ganzen Album. Reduktion ist nicht Ausnahme sondern Regel bei Polar. Zur Akustikgitarre und Eric Linders fragiler Stimme gesellen sich meist lediglich im Hintergrund ein scheues Keyboard und im Vordergrund gemäßigte Klänge aus dem Drumcomputer.
Was auf "Bi" von den genannten Spielereien abgesehen fehlt ist die Abwechslung. So war ich beim ersten Hören diese Albums plötzlich bei Track 4 gelandet ohne daß etwas passiert wäre, das einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Bei ebendiesem vierten Stück "The man who never was" dringt als erstes das charmante Billig-Casio ins Ohr, zu dem man am liebsten ganz und gar unpassend Trios "Da da da" anstimmen möchte.
Zum ersten Mal hat man an dieser Stelle das Gefühl, so etwas wie schöne anstelle von einfach nur unaufdringlicher Musik zu hören. Dieses Gefühl kommt im Laufe des Albums aber nur noch sporadisch wieder, und zwar vor allem bei "The devil's on my back" und dem genannten "Bipolar dream". Hier funktioniert der verspielte Minimalismus, wenn die richtige Melodie zur Idee fehlt nicht. Wirkliche Stimmung möchte nur selten aufkommen, "Bi" pendelt dafür zu sehr zwischen Intensivität und Belanglosigkeit.
Alles andere als ansehnlich ist die Cover- und Bookletgestaltung - das Cover macht den Eindruck, aus einem mißlungenen Viva2-Trailer geklaut zu sein, im Booklet sucht man sowohl Informationen oder Fotos als auch die Texte, die bei solcher Musik eigentlich im Vordergrund und somit im Booklet stehen müßten, vergeblich.
Im Verlauf des Albums klingt der wispernde Eric Linder oftmals wie eine eidgenössische Version von Stina Nordenstam mit männlicher Stimme oder, in besseren Momenten, wie ein wiederauferstandener Nick Drake. Doch mit Polar ist es genau das gleiche Problem wie mit Stina Nordenstam. Die Musik ist auf Dauer zu ruhig, zu reduziert um gehört zu werden. Es passiert zu wenig, um wirklich wahrgenommen zu werden. So bleibt "Bi" ein erträgliches Album mit ein paar schönen Augenblicken, das in voller Länge wirklich nur dann zum Einsatz kommt wenn mehr als ein Hauch von Musik der Atmosphäre schaden würde.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Bipolar dreams
Tracklist
- Song for F.A.
- City angst
- Let him go
- The man who never was
- Forest getaway
- The devil's on my back
- Movie
- Bipolar dream
- Leave me alone
- My future is unclear
- Falling
- Don't want to be like you
- Kill my fears
- Bipolar dream (Kid Loco Remix)
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